verdrängung

In diesem Forum kann sich jeder mit seinem Text der Kritik des Publikums stellen. Selbstverständlich auf eigene Gefahr ...
hginsomnia
Klio
Beiträge: 590
Registriert: 03.09.2009, 05:04

Re: verdrängung

Beitragvon hginsomnia » 09.12.2010, 04:52

hallo shuya,

erstmal danke für die info

shuya hat geschrieben:es handelt sich um ein bürgerkriegsszenario in indien.


da wäre ich nicht drauf gekommen. ich hatte aufgrund der konnotationen (schweine und tauben in deutschland, der zug ...) eine/n holocaust-überlebende/n im sinn, habe das mit einem guten freund besprochen, der mich bestätigte. ich glaube, die assoziationen dahin können ausgelöst sein.
auch hatte ich diesen text zwar als autobiographisch im verständnis, jedoch nahm ich an, dass hier die erinnerungen einer / eines interviewter /n verarbeitet und fiktional aufbereitet worden sind.

shuya hat geschrieben:ich glaube ich werde bei zeit eine zweite version
von jedem text aufsetzen ohne die alte zu verwerfen
um das nicht mehr nur für mich funktionieren zu lassen.
aber auch für mich.


es ist eigentlich nur die frage, wohin du mit dem text willst.
als leser begegne ich ihm als geschichte, bedarf also tatsächlich einer gewissen einbettung, die bedingt, dass autobiographische bezüge entweder gestrichen oder akzentuiert werden müssen, also der text auf die rezeptionellen möglichkeiten hin überprüft wird.
als ausgestellter text in einer raumkonstellation, wie du ihn ja bereits gezeigt hast, begegne ich als rezipient weniger der geschichte als vielmehr dem kunstwerk 'verdrängung im text'. ich stelle mir hier einen recht kargen raum vor, dem evtl. auch der text dann noch mehr rechnung trage dürfte, sprich vielleicht etwas spärlicher werden sollte.

in einem buch steht für mich natürlich die geschichte im vordergrund, wobei mit geschichte jetzt nicht die geradlinige erzählung gemeint sein muss (siehe, ich erwähne es gerne ;-) , 'amras')

ich werde mich trotzdem über die anderen textauszüge noch hermachen, so du willst, denn ich mag die sprache hier sehr :-) .

lg
hginsomnia

shuya
Prometheus
Beiträge: 367
Registriert: 17.04.2010, 13:51

Re: verdrängung

Beitragvon shuya » 09.12.2010, 15:33

huhu hg :)
sehr gerne!
ich freue mich über jede anmerkung und werde sie auch einfließen lassen, sobald ich die zeit finde mich wieder an die schreibmaschine zu setzen.


anlässlich der tatsache, dass das angefangene buch hier doch ein thema geworden ist (wenn auch nur zwischen uns beiden) habe ich begonnen weiter zu schreiben
und werde hier ab und zu mal das eine oder andere update einstreuen, auch um zu schauen in welche richtung sich das hier entwickelt.

den ausgefransten rockzipfel
noch immer in der hand
ich: nie der tolle junge, wild
oder ver rückt genug einen
handstand zu wagen.

du entbehrst noch immer jeder eleganz
hast auch auf mich all zeit
mehr zwischen die zeilen gefallen gewirkt
auch gewollt, gewusst hab ichs immer
nie gesagt, aller dings.

ist schon sinnlich
diese behäbigkeiten
aus dem zugfenster blickend
auf den monoblock (wie eingelassen, in die zugwand)
haben nie freundschaft geschlossen mit
dem national. habe ich dich geweckt?
es tat mir nicht leid.
gäbe ich zu, sicher auf nachfrage
hätte ich einfach deine augen gebraucht.

und du, zappeltrine, nie bequeme haltung
mit deinem ständigen gehippel
und diesem ruhigen blick
hätte ich einfach behauptet: alles was du tust
ist doch nur wimperntusche.


hier habe ich (hoffe ich) ein wenig in ein erzählerschema wechseln können, dass sich zu teilen von der etwas unruhigen schreibweise
abwendet und vielleicht stringenter funktioniert.
ich will das chaos nicht über den haufen werfen, sondern eher nach und nach eine kollage erzeugen die dem erinnern gleicht
unsinnige verknüpfungen zwischen flackernden bildern leiten zu klaren erinnerungen, die weiter leiten, stoppen lassen, dann den alltag einbrechen lassen
durch die straßen laufen, im konstanten flackern - dem flackern von zeit.
ich weiß noch nicht ganz genau wie ich das anstellen soll, aber ich bereite einfach so viele texte wie möglich vor, die ich später nach und nach in eine ordnung bringen kann.

hier bin ich mir unsicher
es gelingt mir nicht
meinem wortschatz eine alternative abzuringen
für zeit.
es ist eine ruhige suche
wie auf opium
müde
aber angeregt
oder interessiert zumindest.
ich sah einen verhungernden hund
gleichgültig im müll wühlen
es schien gleichzeitig sinn zu machen
essen zu suchen
während es keinen sinn ergab.
ich wäre ihm gern nachgetrottet
hätte ihm
ein wenig zugesehen
beim sterben
aber er ging mir zu langsam
oder starb nicht schnell genug

- hier könnte ich stoppen und denke fast das wäre besser so, nach deinem vorgeschlagenen prinzip
- geht unnötigerweise (kommt drauf an) weiter
wieauchimmer
es hätte keinen sinn gemacht
und keinen ergeben
unsere sensationslust
ist das schwächste glied in der kette unserer argumente
sie entlarvt jeden von uns als
feigling
mit dem inbrünstigen wunsch zur gier.

es scheint mir so oder so
der wütende mob
in den medien
ruft nach leichen
wegen leichen
damit
wie die sache beruhigt vergraben können
in der moral, die nicht gilt
wenn sich nur genug finden.

und eine armee zu gründen, war nie leichter.

shuya
Prometheus
Beiträge: 367
Registriert: 17.04.2010, 13:51

Re: verdrängung

Beitragvon shuya » 09.12.2010, 15:37

bücher gilben mir in den fingern
vergeht zeit nach
dem nämlichen prinzip
mein herzschlag als takt
formt dehnt
meine gefühle
oder der satz stumpf
in die szene genuschelt
wie verkappt
zwischen wollen und machen
gibt es einen ort
namens trotz

mein herz
ein metronom
diktiert
mir die taktung in den pausen
wo keine zeiger drehen
hebe ich meine innere stimme
gibt es einen ort
dem ich raum lasse.

hginsomnia
Klio
Beiträge: 590
Registriert: 03.09.2009, 05:04

Re: verdrängung

Beitragvon hginsomnia » 10.12.2010, 04:10

das erste finde ich schön
das funktioniert so eigenständig
vielleicht stellst du es einfach nochmal unter gedichte ein
ich mag's und dann sagt vielleicht nochmal ein anderer was dazu

hginsomnia
Klio
Beiträge: 590
Registriert: 03.09.2009, 05:04

Re: verdrängung

Beitragvon hginsomnia » 25.01.2011, 20:20

Hallo Shuya,

ähm, nach einiger Zeit mal wieder was von mir zu deinen Texten.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

2. Textauszug

Hier finde ich eine fugenhafte Gestaltung (, wie sie z.B. Günter Grass in seiner 'Blechtrommel' häufig verwendet, wenn auch mit eher, ich sag mal bürgerlichem Inhalt). Das scheint mir das Konzept zu sein. Der letzte Satz zerstört, glaube ich, die rhythmische Gestalt ein wenig, obgleich er eine weiterführende EInbettung erlaubte. Ich würde ihn wohl streichen.

Ich bastel mal wieder:

shuya hat geschrieben:die nahtstelle gottes, im universum hier zwischen haaren im wind
muss doch irgendwo etwas aufzureissen sein, diese betördenden speichel
fäden zwischen ihren zähnen, der offene mund so wenig angriffsfläche
irgendwo muss da doch nocht etwas sein.
irgendwo da muss doch
die nahtstelle des universums die zwischen herbstblättern muss doch
eine lösung damit alles fällt im detail der wand rauhfaser ein beständig
es suchen einer damit ich endl ich
die nahtstelle göttlichen wirkens da muss doch irgendwo
etwas sein eine wo ich meine hände reinbrechen und das alles
die nahtstelle göttlichen wirkens im universum überall muss der
zugenähte nabel die narbe göttlichen schaffens wo alles eine nährlösung
irgendein dogma die antwort muss doch etwas sein dass ich

ich muss dir doch irgendwie helfen.



die nahtstelle gottes im universum hier zwischen haaren im wind
muss doch irgendwo aufzureißen sein, diese betörenden speichel
fäden zwischen ihren zähnen, der offene mund, so wenig angriffsfläche
da muss irgendwo noch etwas sein, irgendwo da muss doch
die nahtstelle des universums, die zwischen herbstblättern, muss doch
eine lösung, damit alles fällt im detail der wand (raufaser), ein beständig
es suchen einer, damit ich endlich
die nahtstelle göttlichen wirkens da muss doch irgendwo
etwas sein, eine, in die meine hände reinbrechen und das alles
die nahtstelle göttlichen wirkens im universum, überall muss der
zugenähte nabel, die narbe göttlichen schaffens, wo alles eine nährlösung
irgendein dogma, die antwort muss doch sein, dass ich
ihr helfen ich muss doch irgendwie


Ich habe hier etwas die Interpunktion verändert und hier und da die Schreibweise oder die Kennzeichnung (z.B. (raufaser) und endlich). Die Ellipsen lasse ich vorzugsweise am Zeilenende enden, die ich ganz nach dir dann auch ohne Interpunktion gestaltet habe.

Ich mag vor allem den Rhythmus der Fuge, das leicht Gebrochene oder besser Fragile der Konstruktion, die Ellipsen, die sich als Stilmittel zur Kennzeichnung der Atem- gleichsam Gedankenlosigkeit (im Sinne von keine Gedanken mehr finden können) gut einfügen.

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Bald, schneller als das letzte Mal :-) , mehr.

lg
hginsomnia


Zurück zu „Texte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste