Lieber Spiderman,
ich sehe das komplett anders und möchte die Jury-Entscheidung verteidigen.
Ehrlich gesagt, silentium, halte ich diese Regel für ziemlich bescheuert. Warum? Weil sie etwas, was eigentlich kein Thema ist, zum Thema macht. Okay, bei surja war's ein Thema, jedoch waren der soziale Druck, die Diplomatie hier wirkungsvoll.
Zum letzten Satz kann ich nur sagen: eben! Und damit wir nicht ständig eine solche ellenlange Diskussion brauchen gibts nun eine Norm.
Eine feste Regel war nicht notwendig. Wer hier im Forum hat z.Zt. vor, eigene Texte zu löschen? Niemand.
Woher weißt du das denn? Kannst du telepathisch die Strategien aller Formusmitlieder durchschauen. Eine Unterstellung ist noch lange keine Tatsache nur weil sie oberflächlich wahrscheinlich erscheint. Ausserdem wollen wir nicht einen Fall mehr dieser Art haben. Hinreichende Gründe dafür sind von uns allen, die wir diese Meinung haben, im Surja-Thread benannt worden.
Wie viele Texte wurden in der Vergangenheit von ihren Autoren gelöscht? Es sind wohl die allerwenigsten.
Eben. Aber es gab welche. Selbe Argumentation wie beim oberen Punkt unsererseits.
Wer liest regelmäßig Diskussionen von vor fünf Monaten? Niemand, außer vielleicht, wenn's gerade um eine Anthologie geht.
Au sorry, aber da muss ich sagen: Hast du aber ne Ahnung! B-) Gerade hat zum Beispiel Edekire bekannt dass sie öfter Texte von früher liest, auch und gerade Diskussionen. Die Jurymiztglieder machen das auch, einige zumindestens. Ich weiß von einigen Personen die fast das komplette Forum gelesen haben und vor allem: wie oft kamen schon Neuankömmlinge und haben gesagt sie haben in den Archiven geforscht, interessante Diskussionen gefunden und sind deshalb erstmal geblieben? Ziemlich häufig, wie ich finde und wenn da nur einer drunter ist der später bleibt ist das doch schon was. Diese Unterstellung, das würde niemand tun, ist also ebenfalls falsch.
Natürlich ist's kein feiner Zug, wenn ein Autor seine Texte wieder herausnimmt. Andererseits kann der Vorgang des Löschens manchmal mehr über Text und Autor sagen als die eigentliche Textarbeit. Ihr dürft eins nicht vergessen: die Beziehung eines Autors zu seinem Text ist eine weitaus sensiblere als die eines Rezensenten zu seinem Diskussionsbeitrag.
Die Beziehung mag sensibler sein, aber das der Autor damit das Recht hat die Rezensentenarbeit (was ja gerade bei großen Diskussionen die Arbeit von vielen Personen ist) dieser Art der Abwertung durch Löschung preiszugeben haben wir verneint. Ich verneine das nach wie vor, glaube die anderen auch.
Problematisch an der Regel finde ich die psychologische Wirkung. Ich habe plötzlich das Gefühl, nicht mehr Herr meiner eigenen Texte zu sein. Ich habe plötzlich das Gefühl, mir drei Mal überlegen zu müssen, was ich poste und was nicht. Dabei will ich ja keine Texte löschen, aber ich will es zumindest dürfen, wenn ich wollte. Ich gebe zu, das ist sicherlich kindisch von mir,
Ja, das finde ich wirklich kindisch. Über so ein konditioniertes Verhalten solltest du drüber weg sein B-)
Außerdem: irgendwann kommt der Moment der Wahrheit, dann gibt man seine Texte frei. Wenn du in München Lyrik übers Scheitern präsentierst kannst du nach dem Vortrag auch nicht sagen: Oh Gott, ich zieh das wieder zurück. Warum sollte das im Internet anders sein? Du kannst es umarbeiten, aber was du gesagt hast das bleibt den Zuhörern im Ohr, die erste Fassung eben. Warum, frage ich dich, sollte diese erste Fassung nicht auch den Usern dieses Forums erhalten bleiben? Mit welcher Berechtigung haben sie dieses Recht nicht?
Du bist, auch wenn ich ein miserabler Lyrik-Versteher bin, ein großartiger Lyriker (honigumdenbartschmier

), aber ich glaube auch dir haben einige Ratschläge hier manchmal vielleicht etwas geholfen. Warum sollen nicht andere deine Lyrik und diese Ratschläge immer lesen dürfen wann sie wollen, um aus beidem zu lernen? Nur weil du Herr über deinen Text bist?
Ich find das, sorry, ziemlich
egozentrisch.
Mit dem Wissen nun eine Diskussion angestoßen zu haben grüße ich dich trotzdem recht herzlich und hoffe du bedenkst auch unsere Argumente,
Hamburger
P.S.: Für den Beschluss zeichneten verantworlich: Dirk, Hamburger, Silentium, kv und razorback, die bei O livro als "Ständige Mitglieder" geführt werden
(also bitte nicht die Stille zur alleinigen Bösewichtin machen B-) macht lieber mich zum Bösewicht, denn ich bin absolut überzeugt von der Notwendigkeit dieser Entscheidung... :-p )
"If it's a hit? - Yeah, that's me! If it's a miss? - Yeah, that's me!" (Robert Palmer)