Erlaube mir noch ein paar Ergänzungen: :besserwisser:
a) Das Lebkuchenmännchen; ich weiß jetzt nicht genau, woher es kommt, aber grimmig ist es meiner Erinnerung nach nicht.
b) Die Zauberbohnen; aus dem Englischen Märchen "Jack and the giant";
Ist wohl 'n Wortspiel mit der Namensgleichheit Jakob/Jack
Allerdings ist mir nicht klar, worfür sie überhaupt im Film gebraucht werden - sie stehen zwar sinnbildlich für die verträumtheit Jakobs, werden aber dann, wo seine Hirngespinste lebensrettend werden, höchstens noch zitiert; Das Motiv wird nie aufgelöst.
c) Die Schneekönigin; Was ist ein "Tschenchen"? Bearbeitungen der Schneekönigin gibt's auf jeden Fall von H.C. Andersen und Clive St. Lewis;
d) Rotkäppchen taucht einmal persönlich auf, wird aber noch ein weiteres Mal zitiert, als nämlich das Pferd anstatt des bösen Wolfes ein Mädel schluckt und sie zuvor seine Augen, seine Ohren und sein Maul lobt.
Allerdings: seit wann pflückt man Hagebutten, wenn die Blätter noch am Strauch sind?
e) Die verspiegelte Rüstung als Schutz - das könnten Anspielungen auf die Basilisk-im-Brunnen hierzulande oder auf die unleidige Geschichte mit der Meduse zurückgehen.
f) Schneewittchen-zitate hast du zusammengetragen; auch sieht die böse Königin ein bisschen Schneewittchen-mäßig aus. Der Kuss der Wahren liebe kommt aber nicht aus diesem Märchen, da lassen nur die Diener den Glassarg fallen und der vergiftete Apfel rutscht ihr aus dem Hals. Diese Kuss-geschichte ist ohnehin Disney-mäßig. Denn im Märchen wird der Froschkönig gegen eine Wand geschmissen und so erlöst, bei Dornröschen taucht der Prinz gerade auf, als die hundert Jahre Schlaf vorbei sind.
Die Jungfrauen selbst, die im Sarg schlafen, sind aber wieder Schneewittchen.
g) Außerhalb von der Großmutter-Kröte-Geschichte kommt der Froschkönig noch einmal vor, als der ziemlich besoffene Jakob fragt, ob man einen Froschschenkelfresser (Franzosen) küssen müsse, um einen Prinzen herauszukriegen.
Derselbe Rauschige zitiert dann noch das Rumpelstilzchen : "Es gab da mal einen Kobold, dessen Namen wir erraten mussten!"
Dann nennt er noch zwei Damen, die sein Bruder gerade zu einer freundschaftlichen Bettaktion überredet, "Geißlein", womit noch der Wolf und die sieben Geißlein rein Zitatmäßig untergebracht wären und wedelt noch mit einer Wahrsagekarte vom "Gevatter Tod" herum, der ja wirklich die niedlichste aller Grimm-Märchenfiguren ist!
Vorher, in der Mühle, eine ähnliche erwähnung: "Diese Rüstung hat der [adjektiv, das ich vergessen hab] geschmiedet, der das Dornröschen aufgeweckt hat."
h) Die lebendigen Bäume - ein eher unübliches Märchenmotiv sind böse Bäume, denn der Wald hatte eher einen ernährenden und schützenden touch. Das einzige Grimm-Märchen, dass ich gefunden hab, in dem Bäume sich großartig einmischen, ist "Die Alte im Wald" - da sind ein Prinz und sein gefolge von einer bösen Hexe in Grünzeug verwandelt worden.
i) Das Mädchen mit dem Vater-Komplex, dass in Männerkleidung und mit einem Fell am Kopf durch die Welt rennt: "Allerleihrau" oder, eventuell, die "Zwölf Jäger".
j) "Die Tiere trinken nicht aus dieser Quelle" - könnte die Brunnenvergiftung von "Brüderchen und Schwesterchen" sein.
k) Aschenputtel taucht ja mehrmals auf, beispielsweise, als die Gebrüder Hausarbeit erledigen. Auch in den Glasschuhen, die die Mädchen auf einmal anhaben, als sie im Sarg liegen. Was allerdings blödsinn ist. Soweit ich mich erinnere hat Tolya in Wien erzählt, dass das ein Übersetzungsfehler aus dem Französischen (wie treffend!) ist, weil das Wort für Fell in Fellpantoffeln bei uns wie "Glas" klingt. In der Gebrüder-Grimm-Variante sind es Gold- bzw. Silberpantoffeln.
l) Der Böse Wolf;
er ist ähnlich dem im Märchen ein Verführer, lockt seine Opfer zuerst einmal an;
einen Werwolf gibt es aber in keinem Grimm-Märchen, das mir bekannt wäre. Frösche und Bären als Prinzen ja, Werwölfe fangen aber ein bisschen weiter östlich an als die Grimms gekommen sind.
m) Lieb war noch die Musik: als der böse Wolf-Vater die Mädchen in die Särge legt, summt er immer "Guten Abend, Gute Nacht"
Insgesamt löst der Film recht zwiespältige Gefühle in mir aus. Manche Szenen funktionieren wunderbar, andere sind aber so krude in Logik und Brauchbarkeit verwurschtelt, dass man den Zuständigen würgen möchte. Die Märchen tauchen zwar auf, werden aber meistens nur zitiert, erwähnt, ohne dass sie irgendeine bedeutung hätten. Sie tragen den Film nicht, sie sind nur ein bisschen schmückendes Beiwerk. Und wer war für die Synchronisation verantwortlich?? Warum nennen sich zwei Deutsche Brüder ganz englisch "Will" und "Jake"?
Das Ende ist unbefriedigend - das ging einfach zu einfach; und warum hat Damon nicht den Anstand, zu sterben, sondern lebt weiter, obwohl er schon einen Dolch und eine überdimensionale Reißzwecke im Herzen stecken gehabt hat? Außerdem ist es ohnehin ein Kapitalverbrechen, einen Deppen wie Matt Damon an die Gebrüder Grimm heranzulassen.
Dafür war der Folterknecht Mercurio Caribaldi (hab ich den Namen richtig im Gedächtnis?)eine wirklich nette Figur und am Schluss hat man ihm direkt gegönnt, dass er seine Perücke wiedergefunden hat.
Die Katze in seinem Riesenmixer war zwar nicht lieb, aber als Pointe gelungen.
Conclusio: Der Film war den Versuch wert und er
hätte was werden können, ist aber im Übereifer, so viele Märchen wie möglich unterzubringen, irgendwann vom Weg abgekommen und hat sich selbst paralysiert.
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon