Es geht nicht mehr
Verfasst: 25.10.2011, 21:55
Kurz nach zwölf.
Mittags ist es hier Scheiße. Abends auch. Nachts sowieso.
Ich liege in dem Bett am Fenster, die Arme hinterm Kopf verschränkt und starre hinaus.
Langsam ziehen bleigraue Wolken vorbei. Ich weine still.
Hier gibt es nur Opfer, Kittel und Gäste. Ich bin ein Opfer, schon viel zu lange hier und noch lange nicht wieder weg, noch lange nicht in Sicherheit.
Das Bett neben meinem ist leer, in dem an der Tür liegt ein anderes Opfer.
Es schläft. Es heißt Frank und ich hasse es, genau so sehr, wie es mich hasst.
Die Tür geht auf, ein Kittel kommt herein und stellt mir den Cocktail auf den Nachtschrank.
»Trinke es bald, um sechs gibt es die nächste Dosis.«
Ich wende mein Gesicht dem Kittel zu, greife nach dem Becher, trinke, gebe ihm den leeren Becher in die Hand.
»Klar Ralf, läuft es je anders?«
Der Zivi nickt lächelnd und verläßt das Zimmer. Ralf ist in Ordnung, aber auch nur ein Kittel. Egal…
Der Cocktail wirkt schnell, der Wundschmerz verblaßt, zieht sich zurück, verschwindet. Ich atme entspannt aus, sehe wieder aus dem Fenster.
Drei Stunden Ruhe, dann kommt er zurück…..
Der andere Schmerz, dieses Kreischen der Nerven in meiner Hüfte, der ist noch da, der geht nie.
Wenigstens muß ich mich die nächste Zeit nicht um beide Schmerzen kümmern. Ich bin müde. Ich bin verzweifelt.
Ich habe Angst, hier zu sterben, ich habe noch größere Angst, hier nicht zu sterben.
Montag ist die nächste OP fällig. Noch drei Tage. Ich will das alles nicht.
Gestern war ich den halben Tag zur CT, heute werteten sie während der Visite die Befunde aus. Dann das Urteil.
Das Gelenk muß raus, zu viel verrottetes Gewebe, zu viel zermahlene Knochen.
Ich rieche es beim Verbandswechsel. Sie haben Recht. Ich habe Angst.
Der Chefkittel hat mir alles erklärt. Das ganze Hüftgelenk muß raus und es wird keinen Ersatz dafür geben. Ich bin gelähmt, wozu ein Hüftgelenk?
Das Opfer in dem Bett an der Tür schläft. Neid keimt in mir auf.
Ich schlafe nicht viel und niemals tief.
Der Tag endet nicht, wie alle anderen Tage zuvor auch nicht geendet haben.
Schon seltsam, die guten Tage vergißt man, die schlechten schieben sich irgendwie zusammen, werden ein schweres, schwarzes Knäul Nichts und verharren für alle Zeiten tief in dir.
Diese Verzweiflung zieht mich in die Schatten, schwächt meine Abwehr, tötet sie ganz.
Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Es geht nicht mehr.
Der Schmerzmittelcocktail nimmt mich in seine Arme, zieht mich in einen leichten Schlaf.
Ich bin nicht mehr ganz so sehr ein Opfer.
Montag machen sie mich auf, meißeln mir das Hüftgelenk raus, töten mich.
Wenn ich Glück habe.
Wenn ich dieses Mal Glück habe.
Tränen sickern in den Kissenbezug.
Mittags ist es hier Scheiße. Abends auch. Nachts sowieso.
Ich liege in dem Bett am Fenster, die Arme hinterm Kopf verschränkt und starre hinaus.
Langsam ziehen bleigraue Wolken vorbei. Ich weine still.
Hier gibt es nur Opfer, Kittel und Gäste. Ich bin ein Opfer, schon viel zu lange hier und noch lange nicht wieder weg, noch lange nicht in Sicherheit.
Das Bett neben meinem ist leer, in dem an der Tür liegt ein anderes Opfer.
Es schläft. Es heißt Frank und ich hasse es, genau so sehr, wie es mich hasst.
Die Tür geht auf, ein Kittel kommt herein und stellt mir den Cocktail auf den Nachtschrank.
»Trinke es bald, um sechs gibt es die nächste Dosis.«
Ich wende mein Gesicht dem Kittel zu, greife nach dem Becher, trinke, gebe ihm den leeren Becher in die Hand.
»Klar Ralf, läuft es je anders?«
Der Zivi nickt lächelnd und verläßt das Zimmer. Ralf ist in Ordnung, aber auch nur ein Kittel. Egal…
Der Cocktail wirkt schnell, der Wundschmerz verblaßt, zieht sich zurück, verschwindet. Ich atme entspannt aus, sehe wieder aus dem Fenster.
Drei Stunden Ruhe, dann kommt er zurück…..
Der andere Schmerz, dieses Kreischen der Nerven in meiner Hüfte, der ist noch da, der geht nie.
Wenigstens muß ich mich die nächste Zeit nicht um beide Schmerzen kümmern. Ich bin müde. Ich bin verzweifelt.
Ich habe Angst, hier zu sterben, ich habe noch größere Angst, hier nicht zu sterben.
Montag ist die nächste OP fällig. Noch drei Tage. Ich will das alles nicht.
Gestern war ich den halben Tag zur CT, heute werteten sie während der Visite die Befunde aus. Dann das Urteil.
Das Gelenk muß raus, zu viel verrottetes Gewebe, zu viel zermahlene Knochen.
Ich rieche es beim Verbandswechsel. Sie haben Recht. Ich habe Angst.
Der Chefkittel hat mir alles erklärt. Das ganze Hüftgelenk muß raus und es wird keinen Ersatz dafür geben. Ich bin gelähmt, wozu ein Hüftgelenk?
Das Opfer in dem Bett an der Tür schläft. Neid keimt in mir auf.
Ich schlafe nicht viel und niemals tief.
Der Tag endet nicht, wie alle anderen Tage zuvor auch nicht geendet haben.
Schon seltsam, die guten Tage vergißt man, die schlechten schieben sich irgendwie zusammen, werden ein schweres, schwarzes Knäul Nichts und verharren für alle Zeiten tief in dir.
Diese Verzweiflung zieht mich in die Schatten, schwächt meine Abwehr, tötet sie ganz.
Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Es geht nicht mehr.
Der Schmerzmittelcocktail nimmt mich in seine Arme, zieht mich in einen leichten Schlaf.
Ich bin nicht mehr ganz so sehr ein Opfer.
Montag machen sie mich auf, meißeln mir das Hüftgelenk raus, töten mich.
Wenn ich Glück habe.
Wenn ich dieses Mal Glück habe.
Tränen sickern in den Kissenbezug.
