Die etwas öde Geschichte vom abenteuerlichen Leben des...

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Paddi
Kerberos
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Die etwas öde Geschichte vom abenteuerlichen Leben des...

Beitragvon Paddi » 11.10.2010, 23:16

Hallo,

Ich bin neu hier und würde gern meinen Roman, "Die etwa öde Geschichte vom abenteuerlichen Leben des Marcel R." vorstellen.
Das Ganze ist in einer Schnapsidee entstanden, ein Freund wettet mit mir, das ich es nicht schaffen, 100 DinA4-Seiten zu schreiben, ich geh darauf ein. Das war im Mai 2009, mittlerweile bin ich mit der Geschichte fertig, lese gerade ein wohl letztes mal Korrektur. Ich ziehe natürlich in Erwägung, dass bei einem Verlag einzuschicken, weiß aber gar nicht, ob es das überhaupt wert ist. Ich hätte gern ein paar Feedbacks. :)

Ich stelle mal die ersten zwei Kapitel und den Anfang des dritten hier rein.

"1. Kapitel

Es war eine laue Februarnacht. Der Tag war kurz und die Nacht war gerade erst angebrochen. Die Luft war ungewöhnlich, geradezu erquickend warm für diese sonst so kühle und unwirtliche Jahreszeit. Die Frühlingsglocken fingen bereits an, ihre Wurzeln zu schlagen, und langsam, ja, ganz sachte nur, aus der Erde und den Wiesen zu sprießen.
Dennoch, an dieser Nacht war rein gar nichts spektakulär. Sie war eine Nacht, wie jede darauf folgende Nacht und jede, die zuvor bereits angebrochen, wieder verstrichen und im Äther der Zeit verschollen gegangen ist, so wie es der Lauf der Dinge vorsah.
Möchte man an Schicksal, Berufung oder gar an Fügung glauben, und das ist nun wirklich jedem frei gestellt, so könnte man behaupten, der Geist dieser Nacht, die sich dann doch so schnell wieder im Licht der aufklärenden Sonne auflöste, wie ein Schneeflocke in der Wärme einer menschlichen Hand, er habe sich in diesem einen Menschen, diesem Wesen eher, festgesetzt, und ihm die Dinge auf den Weg gegeben, die zu leben er bräuchte, die zu leben er ersehnte.
So möchte ich als Erzähler, der bekanntlich für die Geschichte und die Dinge, die darin geschehen, geradestehen muss, im Vorhinein erwähnen, ja beklagen vielmehr, dass unser Protagonist, und ich sage bewusst Protagonist, denn Held würde dem wohlgeneigten Leser eine falsche Hoffnung einflößen, keineswegs spektakulär, keineswegs heroisch, ja nicht einmal sympathisch, aber immer auf einen gewissen Grad von Extravaganz im urtümlichen Sinne bedacht ist.
Die Rede hier ist von Marcel Reetz, dem Sechsten seiner Zunft und zweifellos auch der sinnlos dämlichste. Er soll, wie der Titel bereits erwarten, vielleicht sogar hoffen lässt, Inhalt und Thema, besonders aber Kontroverse dieses Romans sein.

Seine frühe Kindheit verlief gewöhnlich. Er wuchs in einem kleinen Dörfchen auf, einem wirklich sehr bodenständigem Paarseelennest, wo die Menschen noch höflich zu einander und Kühe noch schwarzweiß oder braun, aber niemals lila waren. Es trug den Wanheim, wurde von den Bewohnern aber aus Bequemlichkeit immer nur Wannheim genannt. Es lag am Ufer des mächtigen Rheins, welcher seine Geburt im Bodensee feierte und seine Erlösung erst viel tiefer, in der Nordsee fand. Reetz spielte gerne und oft mit seinen Eltern und seinen zwei Schwestern, die eine älter, die andere jünger, am Ufer dieses pulsierenden Stroms.
Erst ein warmer Junitag, ein jener, wie in wohl jeder noch aus seiner frühesten Kindheit kennt und stets als den Inbegriff von Freude und Glückseligkeit in seinem Gedächtnis, tief in der verwinkelsten Ecke seines Herzens, behält.
Für Reetz jedoch, der mittlerweile das stattliche fünfte Jahr erreicht hatte, sollte dieser Tag keine solch schöne Erinnerung bleiben – ganz im Gegenteil verlief er mehr als tragisch. Der kleine Reetz genoss die warmen, hellgelben Strahlen der hoch am Himmel ragenden Sonne an diesem Tage mit seiner Familie am Ufer des imposanten Stroms des Rheins, welcher mit dem Himmel zu ringen schien, wer denn das schönste und klarste Blau malen könnte.
Im Hintergrund schifften unzählige Schiffe mit der kräftigen Strömung in Richtung Atlantik, vielleicht auf dem Weg nach Rotterdam, Utrecht oder gar an das andere Ende des Atlantiks, nach New York oder das dauersonnige Miami, voll beladen mit Kohle, Erz oder einem anderen Rohmaterial, das fast schon sehnsüchtig auf seine Weiterverarbeitung wartet.
Der Himmel hatte ein gedämpftes, ein lieblich zartes blau. Einzig die Sonne vermochte diese klare und auf seine eigene Art und Weise bewegende Blauheit, wie man sie sonst nur von betrunkenen Seefahrern auf hoher See kennt, zu stören, konnte sie aus Eitelkeit vielleicht nicht zulassen, dass man ihr die Bühne stahl.
Reetz war schon immer ein verspielter, ein aufgeweckter Junge, und seine Begeisterung für exzentrisches Turnen, die gewiss auch von einem geradezu bedrückendem Talent begleitet wurde, wuchs ins unermessliche.
Auch an besagtem Junitag turnte und hüpfte er auf dem frischsaftigen Gras und machte Salti, Handschläge und Sprünge, die Worte nicht auszudrücken vermögen.
Seine Eltern, beide von großzügigem Gemüt, sahen darin keinerlei Gefahr und ließen den kleinen Reetz am Ufer des Flusses seinen wilden Geist ausleben. Ihre Aufmerksamkeit galt dem Grill, welchen sie sorgfältig mit einer saftigen Auswahl an Fleisch sattelten. Sie hatten Steaks, Würstchen in allen Variationen und, was vor allem für den jungen Reetz von größter Freude war, saftige Nackenkoteletts. Seine beiden Schwestern spielten Seilhüpfen und so kam es, dass der kleine Reetz sich, angewidert von solcherlei weibischen Beschäftigungen, mit einem dreifachen Rückwärtssalto von der Reetzgilde entfernte.
Die übrigen Passanten staunten über dieses unbändige Talent und diese Sprungkraft, für die Familie Reetz jedoch war dies bereits vor langer Zeit schon zur Gewöhnlichkeit verkommen.
Der kleine Reetz störte sich daran nicht. Vielleicht ist es gerade diesem Zustand zu verdanken, dass Reetz sich nicht an der Aufmerksamkeit anderer Menschen, gleich ob er sie mochte oder verachtete, ob er sie kannte oder ob sie im fremd waren, zu weiden wusste und lediglich der bloßen Bewegung, dem vorbeirauschendem Wind an seinen kleinen Ohren wegen Freude an solchen Dingen hatte.
Doch es kam, wie es vielleicht kommen musste. Reetz wurde Opfer seine Tollheit.
Einen Schritt zu weit, ein Überschlag zu viel, einen Blick zu wenig – dies ist der Anfang einer weiten Reise, dessen Ende wohl nur die See kennt. Kaltes Wasser umströmte den zierlichen, aber bereits mit starken Muskeln verzierten Körper des Reetz. Sein Kopf wurde wieder und wieder und wieder vom Wasser erdrückt. Seine Lungenflügel füllten sich schnell mit Wasser. Er hustete, er prustete und er spie, es half alles nichts. Wild strampelten seine Glieder, wie ein Hund zappelte, hechelte er.
Seine natürlichen Reflexe schalteten sich ein und sein Körper, dieser Körper, der vor wenigen Momenten noch turnte und lachte und frohlockte, musste plötzlich um sein nacktes Überleben, um seine bloße Existenzermächtigung kämpfen.
Es war ein Kampf um Leben und Tod, wie ein Kampf zwischen Hund und Mond, zwischen Mensch und Gott. Wie der Kampf der Ameise gegen den Ameisenbär, eine schier aussichtslose Schlacht.
Doch die menschliche Natur – nicht zuletzt auch die reetz’sche Natur – ist nicht auf Aufgeben programmiert. Solange Blut durch die reetz’schen Adern fließt, kämpft er. Bis zum bitteren Ende. So vehement er jedoch kämpfte, so sehr er sich bemühte, es war aussichtslos.
Seine Stimme versagte.
Er versuchte um Hilfe zu schreien, doch seine mit Wasser gefüllte Lunge scheiterte, wortlos und stumm riss ihn die Strömung immer weiter mit, immer weiter weg.
Letztlich fand das Leiden ein Erbarmen. Ein vorbeifahrender Frachttransporter, sicher über Eintausend Fuß lang, ein wahrer Koloss also, voll beladen mit Kohle und vermutlich viele tausende Tonnen schwer, traf den Kopf des jungen Reetz. Oder traf der junge Reetz den Frachter? Man weiß es nicht, und jede weitere, genauere, präzisere Aussage ist im Grunde nur blanke Spekulation. Allerdings, schon der alte Lorenz wusste es: Der Flügelschlag des zierlichen Schmetterlings verursacht am anderen Ende der Welt den brachialen Wirbelsturm. Und gleichsam diesem zierlichen Schmetterling, der einen Hurrikane auszulösen weiß, schien dieser Zusammenstoß diesem Schiff stärker schaffen zu machen als dem kleinen Reetz, der ähnlich zierlich wie der Schmetterling war. (Nur grazil, das war er sicher nicht.)
Einige Kilometer vor seinem Zielhafen in Amsterdam nämlich brach das Schiff entzwei und versank, wobei zweihundertsechsundvierzig Menschen Familie, vielleicht eine Frau, ein bis zwei Kinder, vielleicht auch nur eine Schwester oder gar die Eltern, zurückließen. Nur Sören, der Schiffskoch, der ließ keinen zurück, ihm zuliebe trauerte keiner.
Vielleicht ist es auch nur ein Zufall gewesen, aber die, dass sich an der Rissstelle des Wracks, sie war relativ zentral an der Schiffsseite und riss den Frachter in zwei etwa gleich große Fetzen, noch ein ungeklärter, ein deutungsloser Abdruck zu finden war, der selbst viele Jahre später, unter Zuhilfenahme von modernster Lasertechnologie und Spektralanalysen, nicht entschlüsselt werden konnte, den Umrissen eines menschlichen Kopfes aber erschreckend ähnlich wirkte, darf nicht verschwiegen werden.
Weiterhin würde (Der Konjunktiv deutet die Unparteilichkeit des Erzählers hier nur an) dieser Umstand für einen weiteren Charakterzug meines, nein unseres Protagonisten (um hier eine Einheit zwischen Leser und Erzähler zu schaffen) sprechen, denn der junge Reetz besitzt eine unsagbare Dickköpfigkeit, die sich sowohl physisch als auch psychisch manifestiert. Er hatte die gute, alte Redewendung „mit dem Kopf durch die Wand“ mehr als nur einmal auf die Probe gestellt – psychisch, insbesondere aber auch physisch.
Wie dem auch sei, der kleine Reetz überlebte diesen Unfall einigermaßen unbeschadet. Über die Langzeitfolgen dieses Zusammenpralls darf spekuliert werden, festlegen möchte man sich aber sicher nicht. Entscheidend ist hier erst einmal, dass der junge Reetz sein Bewusstsein verlor.
Auf unerklärliche Weise jedoch trieb der leblos wirkende Körper mit dem strohblonden Haupt über der Wasserlinie, sodass die Atemfunktion ohne Probleme arbeiten konnte. Es war fast so, als würde ein leichtes Gas, vielleicht Luft oder Helium, eben jene Körperregion befüllte, in der bei normalen Menschen das Gehirn sitzt.
Tragischerweise, oder für diese Geschichte gerade erfreulicherweise, bemerkte keiner der anwesenden Passanten, weder die vielen Menschen, die ähnlich wie die Reetzgilde die großzügige Wärme der Sonne am Rande des Rheins genossen, noch die hart schuftenden Seeleute an Bord des Frachters. Nicht einmal Sören, der gerade auf Deck war und seine Mittagspause, die er sich nach guten sechs Stunden harter Arbeit redlich verdient hatte, mit verträumten Gedanken verbrachte, den Zusammenstoß, weshalb der Strom seinen freien Lauf nehmen und den blassen Körper des jungen Reetz mit sich reißen konnte.

Mittlerweile hatte es angefangen zu dämmern und die Reetzgilde beschloss, die kurze Heimreise anzutreten. Man löschte die Glut, packte die Speisen beisammen und entfernte sich von der groß angelegten Wiese, die beiläufig am Rhein entlang lief. Wohl hatte sich die Mutter, eine sehr lebensfrohe, aber auch temperamentvolle Dame im besten Alter, ihr Gesicht faltig vom Lachen und Nachdenken gleichermaßen, über die verbliebenen Nackenkotellets gewundert, aber hinterfragte sie diesen Zustand nicht, sondern freute sich im Namen ihrer Katze, genauer gesagt einem Kater, einem gewöhnlichen, aber allzu liebenswerten, da sehr verspielten Europäisch Kurzhaarkater mit dem Namen Merlin, der nun ein deftiges Abendmahl bekommen würde und sich nicht, wie sonst üblich, mit billigem, fast schon ranzigem Dosenfleisch begnügen musste.
Als der Weg beschritten war, es sind etwa fünf Minuten vergangen, und die vierköpfige Meute vor der Haustür des Reetzanwesen stand, bemerkte man den Umstand, dass der Familienvater, ein ständig arbeitender Beamter, ebenfalls im besten Alter, sein Haar schon grau vom vielen Schuften, die Haustürschlüssel im Anwesen selbst vergessen hatte.
„Willst du mir allen Ernstes sagen, dass du den Schlüssel vergessen hast? Wie kann man denn nur so unglaublich dämlich sein!? Einfach den verdammten Schlüssel für die Haustür vergessen? Ich habe eine Sache von dir verlangt, eine einzige gottverdammte Sache! Ich verstehe einfach nicht, wie man so unermesslich vergesslich sein kann! Erklär's mir, ich versteh es sonst nicht!“ brüllte die wutentbrannte Mutter, als ihr Ehemann sie mit räudigen Blicken umgarnte.
„Ja…Äh, hmm…ja also, ich weiß auch nicht.“ entgegnete dieser, sanft und mit ruhiger Stimme, denn er war weniger aufbrausend und temperamentvoll als sein Weib.
Unterdessen fuchtelte die Mutter wild mir ihren Armen in der Luft herum und stieß einen lauten Fluch aus. „Ma Reetz.“ fauchte sie bissig.
Hätte der kleine Reetz, welcher solchen Gesprächen nicht selten lauschen musste und vermutlich auch viel für seine persönlichen, linguistischen Fertigkeiten gelernt hatte, diese Unterhaltung mit angehört, so wäre er sicher wieder in der Gegend herumgeturnt, um dem unangenehmen Gefühl, wenn sich die eigenen Eltern streiten, aus dem Weg zu gehen. Für den kleinen Reetz war das Turnen wie eine Art Stressabbau.
Unterdessen öffnete sich die Tür wie durch Zauberhand, das wohligwarme Anwesen begrüßte die nach einem langen Tag am Fluss ermüdete Familie mit einem kaum hörbaren, aber dennoch omnipresenten „Miau“. Selbstredend war es nicht das Anwesen selbst (denn in dieser Geschichte sollen keine Zaubereien, Spinnereien oder dergleichen stattfinden, dies ist eine Geschichte über Fakten.), das dort sprach, sondern die Katze, die in der reetz’schen Obhut viel Menschliches gelernt hatte.
So gelang es ihr, etwa die Türen zu öffnen, sie sogar abzuschließen, sich selbst das Futter zu besorgen, und derlei Dinge. Was ganz besonders erfreulich war ist allerdings der Umstand, dass man im Hause Reetz kein Katzenklo benötigte.
Dies alles bewerkstelligte sie durch wilde Turnereien. Auch hier darf wieder spekuliert werden, in Frage gestellt werden, wenn man es so nennen möchte, ob der junge Reetz sich diese Eigenschaft von der Katze abguckte, oder ob es doch eher umgekehrt war.
Der Familienvater schwieg nun, während er leicht verschmitzt grinsend und vor aufkommender Freude in die Hände klatschend durch die Tür ging.
Der Abend der Reetzgilde verlief nicht ungewöhnlich, man setzte sich gemeinsam in das Wohnzimmer, entzündete den Kamin, der zentral in dem großzügigen Wohnzimmer stand und seine ausstrahlende Wärme so optimal verteilen konnte, las ein Buch oder zwei, spielte mit den Puppen und so weiter, bis sie endlich gegen elf Uhr zu Bett gingen. Lediglich die Katze schnurrte unentwegt der vermissten Person wegen.



2. Kapitel

Während also die Familie Reetz ihrem gewohnten Tageslauf folgte, musste sich der junge Reetz lediglich der Routine des Flussstroms beugen. Er hatte eine weite Reise zu bestreiten, Wasser fließt lang. Während er also noch immer in den Gründen des Traumlandes wandelte, stieß sein Körper auf allerlei Widerstände. Steine, Stöcker, Äste. Er entfernte sich immer weiter von seinem angestammten Wohnplatz, von dem Platz, den er seine Heimat nannte, diesem Paarseelennest, diesem stillne Örtchen mit dem Namen Wanheim.
Er erwachte in einer schillernden Welt. Er lag mit dem Rücken auf dem Boden. Langsam kam er zu Sinnen, bockte seinen Körper auf. Er schaute sich an, schaute sich um. Reetz war er selbst, ein kleiner Junge mit strohblondem Haar, ein Wirbel direkt an der Stirn, bleicher Haut, einer schiefen Nase. Reetz war nicht schön. Hätte man etwas Schönes an ihm nennen müssen, wären es zweifelsohne seine blauen Augen gewesen, die wie Saphire in verbrannter Asche wirkten.
Die Welt, die er sah, ängstigte ihn. Er schaute in den Himmel, er war rot. Er brannte. Wildes Höllenfeuer fackelte da oben. Die Sonne schien schwarz. Sie sprühte ihr Nichts in die Welt, Reetz griff nach ihr, er wollte sie packen, aber sie wich aus. Immer dann, wenn Reetz im Begriff war, aufzugeben, näherte sie sich wieder, stachelte ihn erneut an, sie zu fangen, nur um wieder zu flüchten. Reetz war wie ein Hund, der den Mond anbellte, verlor aber auf Dauer daran die Lust.
Plötzlich war er auf dem Dach eines Hochhauses, inmitten einer gigantischen Stadt. Wo er nur schaute: Häuser, Häuser, Häuser. Funken fielen vom Himmel wie Schnee, legten sich als weiße Asche auf den Dächern der Stadt nieder. Einige Häuser brachen in der Last zusammen, so auch das Haus, auf dem Reetz stand. Reetz klammerte sich verzweifelt an einem Geländer fest, fiel aber gemeinsam mit dem Haus.
Plötzlich war er in einer Masse von Menschen. Alle waren sie blond, alle so blond. Sie sahen gut aus, sie waren wunderschön, sie hatten herrlich gleichgültige Blicke. Niemand beachtete Reetz.
„Der Himmel brennt.“ hörte Reetz eine Stimme sagen.
„Ich weiß! Sag das nicht mir, sag es den anderen!“ schrie er.
„Der Himmel brennt, Reetz. Der Himmel brennt.“
„Ich weiß! Ich weiß!“ schrie er laut.
Keiner der Menschen beachtete ihn. Sie alle liefen in großen Kreisen um ihn herum, ohne sichtbaren Nutzen oder gar einen Zweck.
„Schuld ist ein guter Zunder.“ sagte die Stimme.
„Aber was habe ich denn getan, ich lebe doch nur.“ winselte Reetz.
„Schuld ist ein guter Zunder.“ wiederholte sich die Stimme.
„Sag das den anderen, warum sagst du es mir? Was habe ich denn getan?“ schrie Reetz panisch.
Er rüttelte an einem der Menschen vor Panik, bekam keine Reaktion.
Es schneite noch immer Asche.
Plötzlich regten sich die Menschen wie wild, sie rannten im Chaos hin und her, Reetz machten sie jetzt noch mehr Angst.
„Keine Angst.“ sagte eine Stimme, es war eine andere als zuvor, sie klang irgendwie leer. „Die Sonne scheint doch noch. Es ist alles in Ordnung.“
Die Meute beruhigte sich wieder wie durch Zauberhand. Die Massen schauten nach oben, sahen die Asche fallen. Angeekelt flüchteten sie in Häuser, Unterschlüpfe.
Reetz schloss die Augen, versuchte zuzuhören. Als er sie wieder öffnete, war er an einem Strand. Ein Meer aus Blut lag vor ihm. Wogen aus dunkelrotem Lebenssaft spülten sich an den Strand aus zermahlten Knochen. Der purpurne Gicht widerte Reetz an. Er traute sich nicht, es zu berühren.
Die Wellen wurden immer stärker. Mit der Zeit reichten sie Reetz erst bis zu den Zehen. Irgendwann kam eine Welle, die groß genug war, ihn zu überspülen. Als die Welle verschwunden war, Reetz' Körper war rot und nass, die Welt um ihn herum allerdings, sie war schön. Er war auf einem weiten, grünen Feld. Ein paar stark gewachsene Bäume mit frischgrünen Blättern standen hier und da, Reetz fühlte sich wohl. Ein Clown lief irgendwo am Horizont entlang, erfüllte Reetz mit Glückseligkeit.



3. Kapitel

Reetz erwachte. Es war ein ungewöhnlich kühler Morgen und der feuchte Wind aus Meeresrichtung strömte durch das weit geöffnete Fenster an seinem Bett. Es sind mittlerweile dreizehn Jahre vergangen, seitdem Reetz damals in den Fluss gefallen ist und sich den Kopf an dem Frachter stieß. Von alldem wusste er heute nichts mehr.
Die Strömung spülte ihn bis an die sandigen Küsten des „Sunshine State“, wie in die Eingeborenen nennen, Florida. Irgendwo in der Nähe des kleinen Städtchens Cape Canaveral, ganz in der Nähe des allzu berühmten Raumfahrthafen, hatte Reetz nun eine neue Bleibe gefunden.
[...]"

Danke an alle, die soweit gelesen haben. Über Feedback würde ich mich wirklich seh freuen.

MFG

shuya
Prometheus
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Registriert: 17.04.2010, 13:51

Re: Die etwas öde Geschichte vom abenteuerlichen Leben des...

Beitragvon shuya » 20.10.2010, 10:18

Möchte man an Schicksal, Berufung oder gar an Fügung glauben, und das ist nun wirklich jedem frei gestellt, so könnte man behaupten, der Geist dieser Nacht, die sich dann doch so schnell wieder im Licht der aufklärenden Sonne auflöste, wie ein Schneeflocke in der Wärme einer menschlichen Hand, er habe sich in diesem einen Menschen, diesem Wesen eher, festgesetzt, und ihm die Dinge auf den Weg gegeben, die zu leben er bräuchte, die zu leben er ersehnte.

viel zu sperriger satz, würde ich kürzen

o die Menschen noch höflich zu einander und Kühe noch schwarzweiß oder braun, aber niemals lila waren. Es trug den Wanheim, wurde von den Bewohnern aber aus Bequemlichkeit immer nur Wannheim genannt.

lila kühe - die anspielung stört eher, als das sie ernsthaft funktioniert.
es trug den - namen - wanheim.
wanheim und wannheim sprechen sich allerdings ähnlich lang, also würde ich vielleicht die umstellung im volksmund auf einen dialekt schieben, als auf bequemlichkeit.

wenn du willst geb ich bei zeiten noch mehr input
ich denke es ist noch viel zu tun an diversen stellen - kommt auf dich an ob du das ganze wirklich überarbeiten willst
oder ob du dich so bei einem verlag bewerben und das ganze direkt mit einer/m lektor/in durchgehen willst - kann ja sein, dass ich viel platte ironie rausschneide, die ihm/ihr gefallen würde.

du sagst an.
gruß


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