Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

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Lisza
Kerberos
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Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

Beitragvon Lisza » 19.09.2010, 20:33

Hier ein paar Auszüge. Ich suche händeringend unabhängige Kritik/Betaleser, da Meinungen von Freunden oder Verwandten nicht wirklich ehrlich sind glaube ich^^

Prolog


Berlin

26. Juni 2003


Die stickige Sommerluft senkte sich wie ein schwerer Ballon über Berlin. Sie vermischte sich mit den rauchigen Abgasen der Stadt und schloss eine unsichtbare Allianz mit den grauen Chemiewolken. Nur die Nacht schenkte den Menschen etwas Erleichterung und ließ sie zur Ruhe kommen. Und während die meisten um diese Zeit in ihren Betten lagen und sich auf ihren Laken, nass vom nächtlichen Schweiß, unruhig umher wälzten, brannte in einem der Häuser, am Ende der kleinen und wohlhabenden Siedlung, noch das Licht. Es war 02:31 Uhr als ein gellender Schrei die wohlige Ruhe wie ein Rasiermesser durchschnitt und in den an-liegenden Wald drang.

Sekunden später erwachte Frau Kartell, seit zwei Jahren verwitwet und von schweren Schlafstörungen geplagt, schaltete verwundert ihre kleine Nachtlampe an und lauschte mit schiefem Kopf in die Nacht hinein. Sie glaubte gerade einen fürchterlichen Schrei aus dem Nachbarhaus gehört zu haben, aber sie war sich nicht ganz sicher. Es könnte genauso gut in ihrem Traum passiert sein. Ihre Hausnummer ist die 121 A in der Bellstraße, und das seit 15 Jahren. Sie kann sich nicht daran erinnern je einen Schrei oder gar Streit in all den Jahren gehört zu haben, aber Frau Kartell wusste dass vieles im Leben nur eine Frage der Zeit war. Sie verharrte noch einige Minuten bewegungslos in ihrem altwürdigen, hellbraunen Holzbett ehe sie sich seufzend und unter Anstrengung zu dem Nachtschalter herüber beugte und das Licht wieder löschte. Ihre Arthritis plagte sie wieder, und sie brauchte einige Minuten ehe sie wieder Schlaf fand. Dieses Mal störte kein ungewohntes Geräusch den Schlaf von Frau Kartell.

Kurz darauf schickte Melanie Walder einen stummen Dank zu dem dunklen, Sternenüberzogenen Himmel und wünschte der alten Dame von nebenan einen guten Schlaf. Ihre zierliche Figur zeichnete sich in der Auffahrt 121 b ab, begleitet von den schwebenden Schatten der Äste.
Ihre Schritte waren langsam, unsicher. Immer wieder drehte sie sich zu der offen stehenden Haustür um und ihre blauen Augen, die in der Dunkelheit schwarz wirkten, blickten ängstlich in das Innere des Hauses, doch sie konnte nichts erkennen. Sie atmete erleichtert auf und ihre Füße trippelten nun schneller über den gepflegten Kiesweg. Immer noch drehte sie sich um und blickte zurück, mit angestrengtem, Stoßweisen Atem. Für Sekunden kam ihre diese Legende in den Sinn. Sie kann sich nicht mehr genau an die Details erinnern, aber sie weiß noch dass es um einen Mann und eine Frau ging, die einem Massaker entkommen und sich nicht umdrehen dürfen, egal was passiert. Doch die Frau kann nicht an sich halten und schaut hinter sich. Die Strafe war grausam, obwohl sie auch hier wieder nicht wusste, was genau danach passierte. Genau genommen wusste Melanie nur eines in diesen Minuten: Sie durfte nicht den gleichen Fehler machen. Ihr Gehirn schien dabei zu sein herunterzufahren, ratterte hin und her, kämpfte wie ein Computer gegen den fatalen Absturz. Ihre Beine bewegten sich schneller, hektischer. Sie verließ das Grundstück, schlug den verworrenen Waldweg ein und entfernte sich immer mehr von ihrem Zuhause.
Sie unterdrückte den aufkommenden Würgereiz der sich wie eine Schlange ihre Kehle hoch angelte als das Wort Zuhause in ihren Gedanken kreiste.

Die Bäume und Sträucher des Waldes beugten sich nun drohend über sie, während sie schwer atmend dem kleinen Leuchten des weit entfernten Lichtes folgte. Sie hatte eine Weile gebraucht eh Sie das sternenförmige, gelb und weiß wirkende Leuchten entdeckte. Für kaum greifbare Sekunden des Schreckens hatte sie befürchtet dass es nicht da war. Aber es war da und deutete ihr den Weg in die Freiheit. Ihr Verstand konnte jetzt kaum mehr klar denken. Wie ein Ofen hatte er auf die Sparflamme zurückgegriffen. Es gab nur ein Wort das in den Gehörgängen ihres Kopfes widerhallte.
Rennen, Rennen.

Sie MUSSTE Rennen. Keine noch so kleine Ablenkung durfte ihre Konzentration stören. Konzentration und Disziplin war alles, was für Melanie Walder noch zählte. Vernachlässigte sie eines von diesen beiden so wichtigen Dingen würde es fatale Folgen haben. Sie hat es unzählige Male durchgespielt. Die schier endlosen Variationen der möglichen Fehler hatten sich wie ein Stacheldrahtzaun um ihr Herz gelegt und bohrten sich nun unaufhaltsam durch ihre Eingeweide. Und egal welch tragischer Fehler ihr unterlaufen würde; Das Ergebnis war in diesem Falle das gleiche. Er würde sie einholen, sie zu Boden reißen, und ihren Mund mit seiner Hand bedecken. Sie würde seinen Atem in ihrem Nacken spüren, und dann sein leises, spöttisches Lachen in ihren Ohren hören. Sein Körper würde sich kraftvoll auf ihren Rücken senken, und sein Arm sich unmittelbar fest um ihren Hals legen. Ihre Lungen würden verzweifelt nach Luft ringen, während weiße Sterne vor ihren Augen tanzte und schwärze sie langsam einhüllte. Und dann würde er sie zurück schleifen.

Nein.
Ihr Verstand blockte die grauenvollen Erinnerungen aus und sie zwang ihren Körper schneller zu Rennen.
Abermals nahm sie all ihre Willenskraft zusammen um sich nicht umzudrehen, nicht hinter sich zu blicken. Aber die Ungewissheit durchfuhr ihren Körper und ließ ihr Herz noch schneller schlagen. Ihre Ohren lauschten Angestrengt auf jedes kleine Geräusch, und sie erschrak vor ihren eigenen Schritten.

Das schwache Licht sah jetzt kugelförmig aus, strahlte immer intensiver, kam jetzt immer näher. Sie kam immer näher.
Sie achtete nicht auf das Gestrüpp, das sich hinderlich um ihre Beine legte, schützte ihre Haut nicht vor den Ästen, die in ihr Gesicht schnitten. Sie spürte keine Schmerzen. Spürte nicht, wie die scharfen Dornen der Pflanzen blutende Wunden an ihrem ganzen Körper hinterließen. Doch sie spürte das Adrenalin, das in ihren Adern pulsierte und ihren zitternden Körper antrieb.
Sie sah jetzt ihre nahe Rettung vor sich, und Hoffnung keimte in ihr auf. Fast erschrak sie vor diesem Gefühl. Sie versuchte es zu verdrängen, versuchte sich bis zum Schluss zu Konzentrieren.
Jetzt war das Licht der Taschenlampe zum greifen nahe, und sie ignorierte das Brennen in ihren Lungen. Sie spornte ihre Beine an, noch schneller zu laufen. Schneller, schneller, schneller.
Das Licht wurde größer, leuchtete plötzlich in ihr Gesicht, blendete ihre Augen. Hände griffen nach ihr. Sie wusste nicht wo sie herkamen, aber sie fühlte den schwachen Wind der von ihnen ausging, kurz bevor sie sich um ihre Oberarme legten. Kräftige Finger bohrten sich in ihre Muskeln und Sehnen, wollten sie zwingen, stehen zu bleiben. Panik nahm Besitz von ihrem Körper.
Nein, Nein, Nein!
Sie wusste, wem die Finger gehörten, ahnte, wer sie zurückhielt. Und das konnte sie nicht zulassen.
Nicht schon wieder.

„Melanie...Melanie! Beruhigen Sie sich! Sie sind da. Sie sind angekommen. Sie haben es geschafft.“ Die Stimme senkte sich langsam in ihr Bewusstsein, durchdrang das Rauschen ihres Blutes das in ihren Ohren wütete. Sie hörte auf sich zu bewegen, wehrte sich nicht länger gegen die starken Hände, die ihre Flucht verhindern wollten. Etwas stimmte hier nicht. Es war die Stimme die ihre Aufmerksamkeit erregte. So liebevoll, so ehrlich...voller Besorgnis. Und dann sanken die Worte in ihr Bewusstsein. Der unsichtbare Henker in ihrem Inneren ließ das Seil los, und mit dem fallen des Beiles sah Sie die Wahrheit. Hörte sie. Fühlte sie.
Sie haben es geschafft.
Langsam blickt sie in das lächelnde Gesicht, das dicht vor ihrem war. Braune Augen, in denen es besorgt funkelte, schauten sie fest an.
Sie blinzelte und vergewisserte sich ein letztes Mal, dass ihr ängstlicher Verstand sie nicht täuschte.
Es wäre nicht das erste Mal.

Sie schloss kurz ihre Augen und öffnete sie dann wieder, voller Angst vor dem was sie erblicken würde. Sie sah die Linien seines Gesichtes vor sich. Sein Mund, seine Nase, seine Augen. Dann formten ihre Lippen lautlose Worte als sie begriff dass der Mann vor ihr die Wahrheit sagte. Denn es war nicht das Gesicht ihres größten Dämons.
Es waren die Gesichtszüge ihres Retters, und erst jetzt konnte sie seinen Worten glauben schenken.
Sie war in Sicherheit.
Sie haben es geschafft.

Raue Hände fuhren langsam über die Wunden in ihrem Gesicht, und erst jetzt nahm sie langsam den Schmerz war, der auf ihrer Haut wütete.
„Kommen sie, wir müssen hier weg.“ Er packte sie wieder sanft am Oberarm und zog sie dann mit sich. Der schwarze Golf stand, versteckt hinter ein paar Bäumen, bedeckt mit Gestrüpp und Blättern, ein paar Meter von ihnen entfernt. Noch immer benommen von der Hoffnung, der Wahrheit, dass sie es tatsächlich geschafft hatte, setzte sie sich auf den Beifahrersitz und lehnte sich erschöpft zurück. Ihr Retter startete ohne zu zögern den Motor, und als der kleine Wagen leise im Dunkeln davonfuhr schaffte sie es endlich, wieder zu sprechen.
„Kim?“ Ihre Stimme war kraftlos, kaum mehr als ein Flüstern, und dann spürte sie einen festen Druck auf ihrer Hand.
„In Sicherheit, und wartet nur noch auf Sie.“ Ihr Retter grinste sie jetzt wieder an, und Erleich-terung und Zuversicht spiegeln sich darin wieder. Sie atmete erleichtert auf und stimmte dann zaghaft in sein Lächeln ein.
„In Sicherheit.“, wiederholte sie leise. Sie schaltete das Autoradio an, lauschte den sanften Tönen der Musik, und lehnte ihren Kopf an die Lehne, um dann ihre Augen zu schließen.

Weder Melanie noch ihr Retter hörten den wilden Schrei der durch den Wald hallte und die Tiere aufschreckte. Vögel und Rehe, kleine und große Tiere legten ihre Köpfe schief und ergriffen die Flucht als sie die Gefahr erkannten, die in diesem animalischen Schrei lag. Denn nicht nur Wut und das unverkennbare Versprechen nach Rache lagen in jenen Tönen, die durch die Stille schnitten. Schmerz und Ohnmacht überwältigten den Wald und seine Bewohner. Der junge Mann kniete kraftlos inmitten von Blättern und Erde, dunkle Flecken zeichneten sich auf seinem nackten Oberkörper ab, und seine Augen, blutunterlaufen, starrten in die Dunkelheit. Er sah den Lichtern nach, die seine Frau von ihm fort brachten. In seiner klaffenden Brust pulsierte stechend der Schmerz den die gezackte Messerklinge hinterlassen hatte. Er fühlte zwar das pochen in seiner verwundeten Brust, doch denken konnte er in diesem Moment nur eines:
Das Licht brachte sie fort. Das schwächer werdende Licht des Autos durchquerte soeben den letzten Abschnitt der Lichtung. Dann würden sie auf die Landstraße kommen. Und damit in Freiheit sein. Seine Finger verkrampften sich und umklammerten verzweifelt trockene Ahornblätter. Und dann dachte er:
Es kann nicht sein.

Ungläubig beobachtete Frau Kartell am nächsten Morgen das große Polizeiaufkommen auf dem Grundstück der jungen Familie Walder. Auf ihrem abgenutzten braunen Gehstock gestützt stand sie an ihrem Küchenfenster und hielt mit ihrer von Gicht und Arthritis geplagten Hand die Gardine zur Seite. Nicht zu viel, nur ein Stück, gerade genug um alles sehen zu können. Immer wieder schüttelte die alte Frau ihren Kopf und die sorgsam angeordneten Locken wippten dabei drohvoll auf und ab.
Sie konnte zu diesem Zeitpunkt nicht genau sagen was sich in der vergangenen Nacht in ihrem Nachbarhaus abgespielt hatte, aber ein Verdacht drängte sich ihr auf. Genau genommen war es mehr eine Bestätigung als denn ein Verdacht.

Sie hatte es schon immer geahnt. Von Anfang an. Fast, so meinte sie jetzt, waren die Vorzeichen ein wenig zu deutlich gewesen. Albert, unsichtbar stets bei ihr, nickte ihr wahrscheinlich zustimmend zu. Ihr Mund verzog sich zu einem dünnen Strich und verursachte runzelige Falten in ihrem Gesicht als sie ihren Blick auf Robert Walder richtete.
Robert Walder stand vor seinem Haus, seine schwarzen Haare wild in alle Richtungen abstehend, und müde fuhr er sich mit der rechten Hand über sein Gesicht. Seine Schultern zuckten und er schien Schwierigkeiten zu haben, sein Gleichgewicht zu halten. Selbst von dieser Entfernung aus konnte Frau Kartell zwei Dinge ganz deutlich erkennen. Zum einen schien er gerade gegen einen weiteren Weinkrampf anzukämpfen, was verständlich war, fand Frau Kartell. Bedachte man doch die äußerst unglückliche Wahrheit dass seine Frau anscheinend keinen Wert darauf legte, weiter mit ihm zusammen zu leben. Zum anderen sah sie ganz deutlich den großen Blutfleck der sich unter Robert Walders blauen T-Shirt abzeichnete. Frau Kartell wusste nun, dass der Schrei von Heute Nacht eine Erklärung gefunden hatte.

Ihre Augen verzogen sich zu kleinen Schlitzen als sie die dramatischen Gesten von Robert Walder beobachtete. Die Polizisten wirkten ergriffen und manche drehten sich verlegen von dem offensichtlich völlig verzweifelten Mann ab. Das Ausmaß der Menschlichen Tragödie dieses jungen Mannes war einfach zu viel für einige der Beamten, die bis zu diesem Tage lediglich mit Autodiebstahl oder betrunkenen Teenagern zu tun hatten.
Frau Kartell hatte nun genug gesehen. Langsam schob sie ihre rote Seidengardine wieder an ihren Platz zurück und ging dann, mit leicht gebeugter Körperhaltung, hinüber zu ihren grünen Fernsehsessel. Sie griff stöhnend nach der Fernbedienung und Sekunden später sprach ein gut aussehender Nachrichtensprecher mit sichtlich ergriffener Stimme zu ihr. Doch die tiefe Männerstimme konnte Frau Kartell keine Neuigkeiten erzählen. Im Hintergrund zeigte man ein Bild von Melanie Walder und am linken Bildrand prangte die Nummer der örtlichen Polizeistelle. In eindringlichem Tonfall bat der Nachrichtensprecher nun um Mithilfe der Bevölkerung. Wer Melanie Walder – die mit hoher Wahrscheinlichkeit bewaffnet ist – sah, solle sich bitte umgehend melden. Außerdem sei die junge Frau geistig verwirrt und zudem äußerst Gefährlich.

Jetzt hatte Frau Kartell wirklich genug. Mit vor Wut zitternden Fingern schaltete sie den Fernseher wieder ab. Wenn Melanie Walder gefährlich und verwirrt war, dann würde sie sich noch heute zum Bunjje-Jumping anmelden. Wahrscheinlich wäre solch ein Sprung zu viel für ihr 78 Jahre altes Herz und würde ihr den Tod bescheren, aber da Melanie Walder eine der sanftesten Frau war die sie je getroffen hatte, konnte sie solch ein gewagtes Abkommen ruhig abschließen.
Zudem gehörte Frau Kartell zu den jenen wenigen Menschen die die Wahrheit zwar nicht kannten,
aber sehr wohl erahnten.
Traurigkeit erfasste sie nun. Sie dachte an Melanie Walder und beschloss in diesem Moment, einen langen, eisern gehaltenen Schwur zu brechen. Sie würde heute Abend für ihre junge Nachbarin beten und Gott bitten, die Blindheit von dem Rest der Menschheit zu nehmen. Dann überlegte sie, ob ihr treuer Gehstock wohl in zwei brechen würde, wenn sie ihn mit aller Kraft über Robert Walders verlogenen Kopf schlüge. Frau Kartell schmunzelte über diese kühne Idee. Sie gefiel ihr.
Sie beschloss, es bei Gelegenheit auszuprobieren. Melanie Walder würde sich sicher darüber freuen.

2 Jahre später


Robert Walder ging langsam die Marmorstufen hinab die von seinem Schlafzimmer zur unteren Etage seiner Villa führten. Er hatte diese Nacht nicht geschlafen und hoffte nun, dass ein starker Kaffee die Müdigkeit aus seinen Knochen vertreiben würde. Als er die Kaffeekanne mit Wasser füllte fiel ihm die Rote Linie auf, die sich quer über seinen Pulloverärmel zog. Er hob seinen Arm und zupfte verärgert am Stoff. Er würde das nächste Mal vorsichtiger sein müssen. Blut ging so schwer heraus. Ein wissendes Lächeln umspielte seine schönen Lippen als er an die vergangene Nacht zurück dachte.

Diese...wie hieß sie gleich noch? Ah ja, natürlich, Stephanie war ihr Name. Diese Stephanie war wirklich ein kleines Miststück gewesen. Hatte doch tatsächlich geglaubt, ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen zu können. Hatte das Messer ergriffen und versucht, es gegen ihn zu benutzen. Doch er war gewarnt gewesen. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass ein Messer in der Hand einer Frau sehr schmerzhafte Folgen haben konnte.
Anfangs hatte er es wirklich schade gefunden dass die Organisation Stephanie Mauer auf ihre Abschussliste gesetzt hatte. Doch am Ende hatte er Vergnügen mit Job verbinden können und was gab es besseres?
Er setzte den Kaffee auf, routiniert und sorgsam.
Dann zog er seinen Pullover aus, blieb inmitten der Küche stehen und schaute langsam an seinen Oberkörper hinunter. Mit seinen schlanken Fingern strich er langsam über die zackige Narbe, die sich quer über seine rechte Brust zog und an ein langes Seil erinnerte. Der kratzige Stoff des Pullovers hatte eine rote Schwellung hinterlassen und ließ das verdickte, gezackte Gewebe brennen.

Er schloss seine Augen und atmete ruhig ein und aus, den Schmerz in sich aufsaugend. Sein Arzt hatte ihm gesagt, er könne die Narbe ohne Probleme entfernen lassen. Doch Robert hatte nur mit seinem Kopf geschüttelt und keine Diskussion darüber zugelassen. Er wollte die Narbe behalten. Sie jeden Tag sehen, spüren. Wissen dass sie da war. Das Messer, mit dem seine Frau seine Haut in jener Nacht zerschnitten hatte, lag gut aufbewahrt in der obersten Schublade seines Nachtschrankes. Er setzte sich auf den Küchenstuhl, legte seinen Hände flach auf die gerillte Oberfläche und starrte mit zusammengekniffenen Lippen zum Telefon, das wenige Meter von ihm entfernt stand.
Er wartete darauf, dass einer seiner Männer endlich anrief und ihm sagte, ob sie seine Frau gefunden hatten.

Zwei Tage war es jetzt her, als er einen anonymen Anruf erhalten hatte. Der Mann hatte ihm gesagt dass er wisse, wo seine Frau sich aufhalte. Robert hatte sich nicht sehr auf diese Information verlassen, denn in den letzten zwei Jahren hatte es dutzende solcher Hinweise gegeben, und sie alle hatten sich als falsch herausgestellt. Aber dann hatte der Mann ihm von der Narbe erzählt. Sagte, dass die Frau, die er für Melanie Walder hält, eine Narbe am Hals habe die sich über die Kehle zog. Ob seine Frau auch so eine Narbe habe? Hatte sie.
Zum ersten Mal seit Monaten hatte sich leise Hoffnung in ihm breit gemacht. Wie viele Frauen konnte es schon geben, die nicht nur große Ähnlichkeit zu Melanie hatten, sondern auch noch eine identische Narbe am Hals besaßen? Wohl nicht viele. Wahrscheinlich keine.
Also hatte er den Mann gefragt, wo sich diese Frau aufhalte, aber der Anrufer hatte zuerst auf eine Vorauszahlung bestanden. 200 Euro, und nicht weniger. Wenn er, Robert, wissen wolle, wo seine Frau wäre, würde er erst zahlen müssen. Robert ließ sich nicht gerne Erpressen, und am liebsten hätte er den kleinen Scheißkerl übers Telefon erwürgt. Für wen hielt der sich?
Und wer sagte ihm nicht, dass der Unbekannte einfach die Kohle einstrich und sich dann nie wieder meldete? Aber es war die erste heiße Spur seit Monaten gewesen. Und diese hier hörte sich viel versprechender als die meisten zuvor an. Also hatte er dem Mann über einen toten Briefkasten Geld zukommen lassen, und dann nervös auf den nächsten Anruf gewartet, um zu erfahren, wo sich diese Frau aufhielt, die nur Melanie sein konnte. Der Mann hielt sein Wort – zu Roberts Überraschung - und rief wenige Stunden später wieder an.

Mit gedämpfter Stimme gab der Mann Robert eine Adresse in Köln. Hier würde er Melanie finden, so jedenfalls versprach es der Fremde. Wenige Minuten später schickte Robert einige seiner Männer nach Köln um den Hinweis zu überprüfen. Männer, die erst nach Melanies verschwinden angefangen hatten, für ihn zu arbeiten. Das war wichtig. Denn auf keinen Fall durfte Sie, wenn es sich denn tatsächlich um Sie handelte, Verdacht schöpfen dass er sie gefunden hatte. Nein, er musste vorsichtig sein.
Er musste sorgfältig vorgehen, sich erst ganz sicher sein, bevor er sich selber blicken ließ.
Auch wenn er nie den Fehler getan hatte, ihre Intelligenz und ihren Kampfgeist zu unterschätzen, so hatte sie ihn trotzdem überlistet. Die brennende Narbe war der beste Beweis dafür. Das leere Haus war der beste Beweis dafür.
Er hatte nie zu den Männern gehört, der Frauen für Dumm gehalten hatte. Sicher, es gab dumme Frauen, aber es gab auch dumme Männer. In jener Nacht hatte er zu ihnen gehört.

Das unterschätzen der Frauen war von jeher ein grober Fehler in seinen Augen gewesen. Es gab unzählige Männer, die jeden Morgen aufstanden, in die Augen ihrer Frauen blickten, und darin die Angst erkannten. Die Angst mochte wahr sein. Doch darunter lag der schlafende Kampfgeist. Er hatte stets den nie zu brechenden Kampfgeist in den Augen seiner Frau gesehen. Er hatte ihn gefühlt, gespürt. Und ihn nie unterschätzt. Zumindest dachte er das stets bis zu jener Nacht. Melanie hatte ihn eines Besseren belehrt. So schmerzlich und folgenreich dieser Niederschlag für ihn auch war, es beweiste ihm am Ende nur aufs Neue, dass er die richtige Frau geheiratet hatte. In gewissem Sinne war er sogar stolz auf sie, dass sie diesen Schritt in jener Nacht gewagt hatte. Nicht zu unterschätzen war auch die Tatsache dass es Melanie seid 2 Jahren gelang, erfolgreich ihre Spuren zu verwischen. Er rutsche unmerklich auf seinem Stuhl. Allein der bloße Gedanke an seine Frau verursachte wie so oft ein kribbelndes Gefühl in ihm.

Die Kaffeemaschine piepte leise und zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er goss sich die schwarze Brühe in seine Tasse und starrte dann wieder auf das Telefon.
Er hatte der Organisation nichts von diesem Anruf erzählt. Zu oft schon hatte er dann Rechenschaft beziehen müssen. Jede falsche Spur der er nachging, war sie noch viel versprechend am Anfang, war in den Augen der Verbindungsväter ein weiterer Beweis für sein unfähiges Verhalten. Jeder Tag der ohne einen handfesten Erfolg verstrich zog die Schlinge um seinen Hals enger. Nicht das er ernsthaft um sein Leben fürchten musste, aber sein Ansehen und Aufstieg innerhalb der Organisation schwand zusehends.

Er presste seinen Kiefer fest aufeinander, und sengende Wut breitet sich in ihm aus. Sein Leben lang hatte er ganz für die Organisation und die eine Sache gelebt und gearbeitet. Er hätte sich ein bisschen mehr Hilfe und Unterstützung von ihnen gewünscht. Nicht dass sie nicht bei der Suche halfen, das taten sie. Aber die Verachtung und Geringschätzigkeit in den Augen einiger Mitglieder verursachte ihm Übelkeit. Für was hielten die sich eigentlich? Nicht alles war einzig seine Schuld.

Seine Gedanken wanderten zu seinem Bruder und seine Wut verstärkte sich. Nein, auch die Organisation musste sich Fehlverhalten zugestehen. Denn wie sonst wäre es Melanie gelungen, seinen Bruder zum Mitkommen zu bewegen?
Sein Bruder musste eine Weile von den Vorhaben seiner Frau gewusst haben, und er hatte niemanden gewarnt, weder ihn noch die anderen. Und zur Krönung hat der kleine Scheißer nichts Besseres zu tun, als mit ihr zu gehen. Doch Robert hielt ihm sein junges Alter zu Gute. Er war 11 Jahre gewesen, da traf man noch Entscheidungen, die man später vielleicht bereute, war leicht verführbar. Trotzdem. Er hatte unter Obhut der Organisation gestanden, und sie hatten versagt. Jetzt war Kim 13, ein Jugendlicher, aber es war bei weitem noch nicht zu spät, den Schaden wieder zu reparieren. Junge Menschen sind formbar, man musste nur wissen, wie man es anstellte. Der Junge würde schon noch zu dem werden, was seit seiner Geburt für ihn bestimmt war. Seine Augen verdunkelten sich, als er an das Messer in der Schublade dachte. Melanie war eine andere Sache. Sie würde keine zweite Gelegenheit mehr bekommen, ihn zu täuschen. Das nächste Mal würde er solch einen Fehler nicht mehr begehen. Es würde ihr erster und letzter erfolgreicher Ausbruch sein. Sobald er sie gefunden hatte, würde er dafür sorgen, dass sie nie wieder die Gelegenheit bekam, sich auch nur einen Meter ohne sein Wissen von ihm zu entfernen. Und es scherte ihn keinen Deut, ob sie dabei glücklich war oder nicht. Diese Chance hatte sie verspielt. Er hatte sich bemüht, es ihr einfach zu machen. Ihr zu geben was sie brauchte um glücklich zu werden. Sie hatte es ausgenutzt und ihn niedergestochen. Sie wusste um die Konsequenzen. Er hatte es ihr gesagt. Sie wusste was passieren würde, wenn er sie erwischen würde. Er hoffte inständig, dass es ihr schlaflose Nächte bereitete. Die Angst dass er sie finden würde sollte sie auffressen. Das wäre nur gerecht.

Das Klingeln des Telefons ließ ihn zusammenzucken. Mit wenigen Schritten hatte er den Apparat erreicht und den Hörer abgenommen. Gespannt lauschte er der Stimme. Seine Finger verkrampften sich und ließen die Knöchel weiß hervortreten. Ungläubig starrte er vor sich hin, und Wut überrollte ihn.
Reingelegt. Dieser miese kleine Dreckskerl hatte ihn reingelegt. Das einzige, was seine Leute bei der genannten Adresse gefunden hatten, war eine leere Fabrikhalle. Mit einem lauten Krachen schlug das Telefon gegen die Wand und zersprang dann in seine Einzelteile. Dieser miese kleine Hund... Wenn er ihn zwischen seine Finger kriegen würde, dann...
Seine Gedanken stockten, und er blinzelte verwundert. Sein Blick wanderte zu dem kaputten Telefon. Er erinnerte sich, wie Tage zuvor der Anruf von diesem Schweinehund gekommen war. Aber eines hatte er damals übersehen. Etwas Entscheidendes war ihm entgangen.
Es war die falsche Nummer gewesen.

Er war in seinem Schlafzimmer gewesen, als der Anruf kam. Dieser Anschluss diente lediglich privaten Zwecken, und niemand seiner Geschäftspartner oder Männer wussten, dass dieser Anschluss überhaupt existierte. Nicht einmal die Organisation kannte diese Nummer.
Es gab nur drei Menschen, die diese Nummer kannten.
Er. Sein Vater. Und Melanie.
Ein zittern durchfuhr seinen Körper als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Sein Vater konnte die Nummer nicht mehr herausgeben, denn er war seit 1 Jahr tot. Der alte Mann starb, ohne den Aufenthaltsort seines jüngsten Sohnes zu wissen.
Was nur eines bedeuten konnte: dieser Mann, wer immer er war, kannte seine Frau. Von ihr hatte er die Nummer erhalten.

Es gab keine andere Möglichkeit. Aber warum sollte Melanie ihre Deckung aufgeben? Jemanden die Nummer verraten? Um sich damit selber ans Messer zu liefern? Nein, ganz bestimmt nicht. Robert schürzte seine Lippen und versuchte, eine Logik dahinter zu erkennen. Das ganze machte keinen Sinn, es sei denn...dass alles diente nur dazu, ihn absichtlich auf eine falsche Fährte zu locken. Die Erkenntnis stürzte so schnell auf ihn ein, dass er sich an die Wand lehnen musste, um nicht den Halt zu verlieren.
Melanie führte ihn auf eine falsche Spur.
Und sie hatte offensichtlich jemand, der ihr dabei half.

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Re: Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

Beitragvon hginsomnia » 20.09.2010, 00:02

Willkommen im Forum, Lisza :-)

Lisza hat geschrieben:Ich suche händeringend unabhängige Kritik/Betaleser, da Meinungen von Freunden oder Verwandten nicht wirklich ehrlich sind glaube ich


Ist das wirklich so, sei ehrlich :-) ! Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, mit dem ersten Beitrag eines Users vorsichtig umzugehen. Wenn du detaillierte Kritik erwünscht, erfrage sie nochmals, bitte!

Ich habe bis jetzt nur den Anfang gelesen und den Rest grob überflogen.
Mein erster Eindruck: Du springst zu viel und zu schnell! Es war sicher deine Absicht, das Tatgeschehen aus mehreren Perspektiven zu schildern, jedoch solltest du dir dafür mehr Raum zugestehen. Ich gebe dir mal ein Beispiel mit auf den Weg:

Lisza hat geschrieben:Es könnte genauso gut in ihrem Traum passiert sein. Ihre Hausnummer ist die 121 A in der Bellstraße, und das seit 15 Jahren. Sie kann sich nicht daran erinnern je einen Schrei oder gar Streit in all den Jahren gehört zu haben, aber Frau Kartell wusste dass vieles im Leben nur eine Frage der Zeit war.


Fällt dir an der Zusammensetzung der Sätze etwas auf?

lg
hginsomnia

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Re: Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

Beitragvon Lisza » 20.09.2010, 10:03

Hallo!

Ja, ich meine das ernst mit der Kritik, nur so kann man voran kommen und lernen, besser zu schreiben. Also ja, ich erwünsche Kritik :-D

Das ich zu viel und zu schnell springe, ist nämlich auch meine "Befürchtung". Ich habe die Geschichte vor 6 Monaten beendet und sie jetzt ein bissl in der Schublade liegen gehabt, um Abstand zu gewinnen, dann sieht man vieles ja anders.

hginsomnia
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Re: Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

Beitragvon hginsomnia » 27.09.2010, 16:54

Hallo,

wie du auch daran erkennen kannst, dass ich nicht sofort antwortete, fällt es mir hier sehr schwer, eine Kritik zu schreiben, da ich irgendwie immer noch versuche, mich vorsichtig an den Gegenstand heranzutasten.

Das Problem ist, dass ich der Auffassung bin, du müsstest hier fast wieder bei Null starten, ich dir das aber eigentlich nicht so unverblümt sagen wollte. Es bringt daher recht wenig, einzelne Stellen zu kritisieren. Ich werde beim nächsten Mal, so du noch willst, einige strukturelle Dinge ansprechen.

Vorher habe ich, wenn du gestattest, noch zwei Fragen zum Verständnis?

1.) Wie lang ist deine Geschichte in etwas?
2.) Ist der doppelte Schrei (weiblich und männlich) in diesem Ausschnitt intendiert?


Also, ich habe mir bereits einige Notizen zur Struktur gemacht, die ich beim nächsten Mal ausführen werde. Da das aber sehr zeitintensiv ist, bitte ich um Verständnis, dass das noch ein wenig dauern kann.

Ich wollte diesen Zwischenschritt nur aufschreiben, damit du nicht denkst, ich hätte den Text vergessen.

lg
hginsomnia

Lisza
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Re: Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

Beitragvon Lisza » 28.09.2010, 19:51

Hallo!

Also ich habe inzwischen zwei Betaleseser auf einer anderen Literaturseite gefunden - ABER: trotzdem interessiert mich deine Kritik sehr da ich bei mehreren Meinungen sehen kann, wo alle einstimmig verbesserung dringend raten und wo die Meinungen auseinander gehen und ich so lernen kann, wie es auf die "breite Masse" wirkt.

Die Geschichte hat ca. die länge eines handelüblichen Buches/Romans.

Was meinst du mit "der doppelte Schrei?" (Stehe gerade auf dem Schlauch B-) )

hginsomnia
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Re: Leseprobe meines Thrillers "Kalte Liebe"

Beitragvon hginsomnia » 13.10.2010, 15:35

Hallo,

so, wie versprochen hier einige Dinge, für die ich gerade Zeit habe.

Lisza hat geschrieben:Was meinst du mit "der doppelte Schrei?"


Das habe ich aus Verständnisgründen gefragt.

Dieser Schrei hier

Lisza hat geschrieben:Es war 02:31 Uhr als ein gellender Schrei die wohlige Ruhe wie ein Rasiermesser durchschnitt und in den an-liegenden Wald drang.


ist ja ein anderer als dieser

Lisza hat geschrieben:Weder Melanie noch ihr Retter hörten den wilden Schrei der durch den Wald hallte und die Tiere aufschreckte.


Es ist also so, dass sich Frau Kartell irrt, wenn sie annimmt,

Lisza hat geschrieben:dass der Schrei von Heute Nacht eine Erklärung gefunden hatte.



Vermutlich ist der erste Schrei auf Melanie zurückzüführen, auf die Verletzung an ihrem Hals oder war das nicht so beabsichtigt?
Als Leser bin ich für diesen Fall etwas verwirrt, warum denn Frau Kartell einen Frauen- mit einen Männerschrei verwechselt.
Schon chronologisch müssen das aber unterschiedliche Schreie sein, und meine Anmerkungen zielen darauf ab, ob das denn auch so intendiert war.


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Ein anderes Thema schneide ich an, wenn ich die unrealistische Darstellung kritisiere. Ich nehme hier erstmal nur ein Beispiel heraus:

Lisza hat geschrieben:Seine Schultern zuckten und er schien Schwierigkeiten zu haben, sein Gleichgewicht zu halten. Selbst von dieser Entfernung aus konnte Frau Kartell zwei Dinge ganz deutlich erkennen. Zum einen schien er gerade gegen einen weiteren Weinkrampf anzukämpfen, was verständlich war, fand Frau Kartell. Bedachte man doch die äußerst unglückliche Wahrheit dass seine Frau anscheinend keinen Wert darauf legte, weiter mit ihm zusammen zu leben. Zum anderen sah sie ganz deutlich den großen Blutfleck der sich unter Robert Walders blauen T-Shirt abzeichnete.


Das ist unrealistisch. Wenn Robert Walder schwer verletzt ist, wird er nach dieser gewallttätigen Auseinandersetzung in ein Krankenhaus eingeliefert, wenn er, was eher unwahrscheinlich ist, leicht verletzt ist, wird er dennoch medizinisch behandelt, also die Blutung wird gestillt und er wird sich wohl auch umziehen, es wird also kein Blutfleck mehr zu sehen sein.
Zudem ist die hier hergestellte Öffentlichkeit unrealistisch, da ein Verhör wohl eher im Haus als davor stattfinden wird.

Hierzu passt auch folgende Ungenauigkeit:

Lisza hat geschrieben:Ungläubig beobachtete Frau Kartell am nächsten Morgen das große Polizeiaufkommen auf dem Grundstück der jungen Familie Walder


Nun ist 'groß' natürlich ein relativierer Begriff, suggeriert aber schon eine Menge an Polizeiwagen, die, so ist anzunehmen, eigentlich nicht benötigt werden. Warum sollte es ein großes Polizeiaufkommen geben? Darüber ließe sich hier streiten.


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Weiter ist auch die Charakterzeichnung sehr ungenau und unrealistisch. Wieder ein Beispiel:

Lisza hat geschrieben:Traurigkeit erfasste sie nun. Sie dachte an Melanie Walder und beschloss in diesem Moment, einen langen, eisern gehaltenen Schwur zu brechen. Sie würde heute Abend für ihre junge Nachbarin beten und Gott bitten, die Blindheit von dem Rest der Menschheit zu nehmen. Dann überlegte sie, ob ihr treuer Gehstock wohl in zwei brechen würde, wenn sie ihn mit aller Kraft über Robert Walders verlogenen Kopf schlüge. Frau Kartell schmunzelte über diese kühne Idee. Sie gefiel ihr.


Natürlich kann man immer alles möglich über Charaktere schreiben, aber es sollte sich schon ein stimmiges Bild entwickeln. Diese Gewaltphantasien passen nun so gar nicht zu dem sich vorzustellenden Charakter der älteren Dame, ja, die verwendete Wortwahl lässt mit ihrer verbalisierten Gewalt Frau Kartell gar als Gestörte erscheinen, was sicherlich nicht beabsichtigt ist, oder?


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Soviel für den Augenblick. Es gibt hier einfach wahnsinnig viel zu kritiseren, so meine Meinung. Beim nächsten mal mehr.

Ach so:

Lisza hat geschrieben:Die Geschichte hat ca. die länge eines handelüblichen Buches/Romans.


;-) Also 150 - 200 Din-A4-Seiten? Warum nicht präzise? Ich fragte nach der Länge, damit mir klar wird, wieviel Raum du für die Entwicklung verschiedener Situationen zur Verfügung hast. Hier gibst du nämlich einfach viel zu viele Informationen in zu geringem Raum.

lg
hginsomnia


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