SJ (Teil 3) - Der Fall (von) Anna

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Hamburger
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SJ (Teil 3) - Der Fall (von) Anna

Beitragvon Hamburger » 18.11.2009, 02:56

Spitzenjournalismus – Teil 3

Sparte: Kinokritik von "Filmgehtlos"

Thema: Kinofilm der Woche

Überschrift: Der Fall (von) Anna

Ein amerikanisches Erdhörnchen flitzt durch den Leverkusener Zoo. In Marrakesch verliert eine junge Frau eine wertvolle Münze. Und in Wanne-Eickel gehen Fritz und Karl mit ihrem Kumpel Ronny zum Skat. Auf den ersten Blick scheinen diese Ereignisse nichts gemeinsam zu haben. Auf den zweiten, dritten und vierten Blick auch nicht. Glaubt Anna. Doch durch ein Nahtod-Erlebnis glaubt sie plötzlich das Gegenteil.
Regisseur Albertus Freckel hat es wieder einmal geschafft, die mystische Verwobenheit der Lebensstrukturen in gewohnt ersprießlicher Weise zu verfilmen. Dabei bedient er sich eines esoterisch-manieristischen Stils mit barocken Anklängen. Sein Cast spielt sich für ihn, wie gewohnt, die Seele aus dem Leib. Butje Dörendorn überzeugt in der Darstellung des Erdhörnchens, welches Anna bei ihren Nachforschungen selbst in der Psychatrie nicht im Stich lässt. Franziska Alerese lässt nach ihrem Triumph in „Die Leiden des alten Nachbarns und der alten Nachbarin sowie von deren Kindern und von Männern im Allgemeinen “ diesmal eine andere Facette ihres Könnens aufblitzen. Ihre Verzweiflung über die verlorene Münze ist derartig physisch greifbar, dass die psychische Relevanz des Themas humanitäre Wellentäler in die Gesichter der Zuschauer spült. Fritz, Karl und Ronny sind irgendwelche Laiendarsteller von einem Hinterhof in Herne, halten sich aber prima.
Und schließlich Anna selbst. Mit boulevardeskem Intellektualismus verkörpert Annegret Taselbaum die Hauptdarstellerin, welche immer genau so guckt, als stimme hier etwas nicht. Ihr Leiden ergreift den Zuschauer, welcher wie Anna in einen Sog von Ereignissen gezogen wird, die mehr Schein als Sein, mehr Wahr als Falsch sind – oder wie Michael Schanze sagen würde: 1,2 oder 3! Abgerundet wird das Ganze durch die Musik von Bert Botzke, die immer an Stellen kommt, wo man sie gar nicht erwartet. Genau wie das Erdhörnchen. Eine schelmische Analogie auf den Fleischverzehr unserer Tage im Zeichen der Klimakatstrophe!
Düster, sehr düster ist es, was Freckel hier gezaubert hat. Doch wer einmal vom Leben mehr probiert hat als einen halben Truthahn, der weiß: Nicht alles auf Erden ist konstruiert. Die Erfüllung hat ihren Preis. Genau 9, 50 Euro…

8/10 Punkten

Andere Meinungen:

„Freckel ist der Don Quijote unserer Tage. Im weißen Wellness-Kleid kämpft er für die Dönerbude nebenan. Und er scheut sich nicht, dabei politisch zu werden.“ - Der SPARGEL

„Erdhörnchen, Münzen und Skat verbinden sich zu einer unheilvollen Melange mit phantasmagorischer Wirkung. Eingezwängt in das Wollen werden wir zu Tätern. Wie die Opfer morgen zu Gehilfen des Wahnsinns werden. Freckel as ist best! - FAKT TOTAL

„Ein toller Film.“ – INA TRIFFT LEA

„Voll gut.“ – PETER – DAS MÄNNERMAGAZIN

„Ho ho ho. Mit einem Kinogutschein als Geschenk können Sie gar nix verkehrt machen.“ – DER WEIHNACHTSMANN

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