... ein Auszug aus meinem Roman

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Glaukos
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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 22.12.2009, 22:18

n'abend ;)

ich zitiere mal:
"Camus belegt zunächst einmal, dass die meisten Selbstmörder sich aus einer negativen Erfahrung oder allgemeiner aus einer Verzweiflung am Leben , wie es gelaufen ist, heraus in den Tod stürzen, nicht aber aufgrund der Erkenntnis, das das Leben an sich absurd ist, nicht also aus dem Willen, die letzte Erfahrung zu machen, eine letzte Gewissheit zu bekommen."

ja, da gehe ich mit camus konform ...
ich denke, viele selbstmörder können einfach nicht akzeptieren, dass sie ihre wünsche nicht realisieren können. sie sind frustintolerant. man sollte sie vielleicht anleiten, literaten zu werden: in dieser oase kann man alles wunderbar simulieren.
wenn ich es nicht schaffe, eine berühmtheit zu werden, dann schreibe ich halt einen roman über eine berühmtheit?! den gefühlen ist es egal, gefühle sind immer echt ... <- well well well, das ist nicht ganz ernst gemeint

andere selbstmörder halten sich wohl für überflüssig: dann ist ihre selbsttötung ein rationaler akt.
übers absurde stolpern wohl die wenigsten.

ich selbst glaube im übrigen, dass es das absurde gar nicht gibt. ich glaube an kausalität, und somit ließe sich zu jeder absurdität eine logische begründung finden - so man nur intensiv genug nach den gründen suchte.



"Daher, so Camus, müsse der wahrlich absurde Mensch sich auf die Quantität seiner Erfahrungswelt stürzen, um letztlich alles mitzunehmen (salopp formuliert), was geht.
Hier bin ich dann genau bei deinem Text-Ich, dass in seiner Totalopposition die eigenen Schmerzen auslotet, das Glück, die Lust, die Freude u.s.w., also keinen Wert auf die Qualität der Erfahrung legt (Qualität bezieht sich bei Camus auf die Erfahrungen, nach denen sich der nicht-absurde Mensch sehnt)."

ich bin mir nicht sicher, ob ich genau verstehe, was du hier ausschilderst - aber es klingt sehr schön formuliert, mein kompliment ;)
vermutlich ist das Text-Ich stärker beeinflusst von nietzsches umwertung der werte und dem jenseits von gut und böse als von camus?!

wenn ich mit reiner logik an den menschen in seiner moralisch-kulturellen lebenswelt herantrete, könnte mir auffallen, dass das wertesystem insgesamt einer kultur über längere zeiträume hinweg variabel ist, und innerhalb verschiedener kulturen auch zur selben zeit völlig verschieden: die moralen der muslime, christen, fußballfanatiker, dawkinsatheisten, agnostiker ... usw. sind nicht so leicht unter einen übermoral-nenner zu bringen.

ja, was käme da heraus? mir fällt da wenig ein. z.b. das:

1. wir menschen sind keine tiere.
2. die sonne ist heiß.

mir fällt schon nix mehr ein.
wenn alles, was menschen denken, so widersprüchlich ist, muss man eigentlich diese moralisch-kulturelle lebenswelt als absurd empfinden.
auch jesus und kant sind absurd, wenn sie erklären:
behandle deinen nächsten, wie du selbst behandelt werden willst.

aber was machen dann die masochisten? andere prügeln? eher sollten sie den nächsten so behandeln, wie DER behandelt werden will. nun, soll ich also herrn berlusconi die straßenschuhe sauberlecken, weil er das möchte? dafür, dass er im gegenzug mit dem lieben papst einen zungenkuss tauscht? ne, auch das klappt nicht.

letztlich kommt für mich doch nur eine logische universalformel für erdenmenschen heraus:
1. mach das, was du wünschst, und wenn es
2. verboten ist oder verpönt, dann mach es so, dass man dir nichts nachweisen kann - es sei denn,
3. du bist scharf auf die sanktionen, dann mach es offen und hoffe, dass man dich so bestraft, wie du es gerne magst.

(camus freilich hat seine helden anders entworfen: sie handeln oft aus dem affekt heraus.)

ich will hier allerdings nicht für die obige formel eintreten, denn sie inkludiert ein axiom (2.), das eventuell gegen herrschende gesetze verstoßen könnte. um diese (3-axiom-)formel also zu praktizieren, sollte man sie nicht kommunizieren. frei nach dem motto des fightclub:

never talk of fightclub ;)

es sei denn, man ist, siehe axiom 3, scharf auf sanktionen, die man sich einhandeln könnte, sofern man öffentlich für axiom 2 eintritt.
also, dass es klar ist: ich glaube, dass die meisten menschen mehr oder weniger diese axiome befolgen, aber nahezu alle abstreiten, dass sie ihnen folge leisten.


... jetzt bin ich doch etwas vom thema abgekommen.
worauf ich hinauswollte: die logische grundmatrix ist nicht unbedingt kompatibel zu den gesetzen, und noch weniger in harmonie mit der sogenannten "menschlichkeit", dem "mitgefühl". kurzum, mit der logik ist nicht zu spaßen ... sie ist grausam ... und warum? ich fürchte, weil sie abstrakt ist und als system gar nicht an moralischen begriffen wie "grausamkeit" etc. gemessen werden kann. ist 1+1 = 2 unmoralisch? grausam?

folglich entstehen immer konflikte, wenn man zwischen den ebenen springt.
ich habe den eindruck, wir springen ständig ... weshalb wir uns auch ständig wundern. darüber rätseln, warum ausgerechnet dies passiert oder jene wege offenstehen ...

puh, genug der metaphysik.
ich hoffe, kant und jesus sind nicht sauer - aber für ihre zeit haben sie schon was dolles geleistet.
(jesus als brillanter masochist, und kant als prophet einer mildherzigen logik)

liebe grüße
t.

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon hginsomnia » 23.12.2009, 02:44

Hallo,

ja, es ist natürlich so, dass sich auch andere Philosophen aus dem Text filtrieren ließen. Das ist ja meistens so, wenn man nur einen nimmt, gerade hier, wo es ganz speziell um meine Wahrnehmung geht, also Camus mich anspringt. ;-)

Glaukos hat geschrieben:vermutlich ist das Text-Ich stärker beeinflusst von nietzsches umwertung der werte und dem jenseits von gut und böse als von camus?!


Das ist sogar ziemlich sicher so, wenn man sich auf der Textebene bewegt. Allerdings ist eben das, was das Text-Ich zu seinen Handlungen macht, auch gut als Beispiel zu verstehen für einen absurden Menschen bei Camus. Wichtig ist, das Camus mit dem absurden Menschen nicht den Menschen im Generellen meint, obwohl er, Camus, den Menschen als absurd versteht, sondern den sich des absurden Lebens bewussten und trotzdem lebenden Menschen, den sich auflehnenden, der in einer Schleife des Absurden immer wieder aufsteht, indem er die ganze Erfahrungswelt, die ihm zu Verfügung steht, in sich aufnehmen will (bis zum Würfelspiel verfolgt das Text-Ich ja diese Methode, danach ist, wie Angry sagen würde, "olle Camus wieder wech." - Aber dann auch wieder nicht, denn der Zufall des Würfels generiert einen noch viel größeren Erfahrungsschatz, weil er, wie ja auch das Text-Ich meint, keine (Gegen)Entscheidungen a priori trifft.)

Glaukos hat geschrieben:ich selbst glaube im übrigen, dass es das absurde gar nicht gibt. ich glaube an kausalität, und somit ließe sich zu jeder absurdität eine logische begründung finden - so man nur intensiv genug nach den gründen suchte.


Hier müssen wir uns kurz über den Begriff 'Absurdität' verständigen. Camus nämlich denkt die Absurdität vom Ende her. Er beschreibt damit nicht die Handlungsweisen des Lebens oder die das Leben determinierenden Gesetze (Gesetze natürlich hier nicht juristisch zu verstehen), sondern hält fest, dass, wenn das Leben endlich ist und es keinen Gott gibt, ja, dann ist jede Handlung auf Erden vom Ende her betrachtet absurd. Das heißt nicht, dass es nicht für jede absurde Handlung eine Begründung gebe.

Glaukos hat geschrieben:letztlich kommt für mich doch nur eine logische universalformel für erdenmenschen heraus:
1. mach das, was du wünschst, und wenn es
2. verboten ist oder verpönt, dann mach es so, dass man dir nichts nachweisen kann - es sei denn,
3. du bist scharf auf die sanktionen, dann mach es offen und hoffe, dass man dich so bestraft, wie du es gerne magst.


Dem kann ich mich nicht anschließen, aber vielleicht nur deshalb, weil es mir zu kurz gegriffen erscheint. Ich glaube vielmehr, - und hier agiert tatsächlich eher der Glaube als das Wissen in meiner Argumentation - dass nur die wenigsten Menschen das machen, was sie wünschen (und ich weiß schon, dass du mit 'wünschen' hier mehr meinst als das Übliche), dass sich die Menschen eher einer fremden Autorität unterwerfen (womit wir wieder beim Thema 'Versklavung vs. Freiheit' wären). Auch sehr kurz gegriffen von mir, aber ich belasse es erstmal dabei.

Glaukos hat geschrieben:worauf ich hinauswollte: die logische grundmatrix ist nicht unbedingt kompatibel zu den gesetzen, und noch weniger in harmonie mit der sogenannten "menschlichkeit", dem "mitgefühl". kurzum, mit der logik ist nicht zu spaßen ... sie ist grausam ... und warum? ich fürchte, weil sie abstrakt ist und als system gar nicht an moralischen begriffen wie "grausamkeit" etc. gemessen werden kann. ist 1+1 = 2 unmoralisch? grausam?


Das ist meines Erachtens auf jeden Fall richtig. Hier bist du dann auch wieder nahe an Hoelle.. ähm, also an diesem einen Autor, dem ollen Informatiker ;-) , auch wenn der bei seiner Logik der Natürlichkeit die menschlichen Bedürfnisse dann doch wieder berücksichtigt, allerdings als Parameter.

lg
hginsomnia

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 23.12.2009, 04:07

danke dir für die erhellenden erläuterungen!
ich bin nun meinerseits so gut wie im "urlaub". eine antwort sollte meinerseits folgen, wiewohl sie mich auch fordern wird - weil dieser austausch hier doch die üblichen seitgewässer meidet. ich muss mich schon konzentrieren, to be honest ...

... aber es lohnt sich ungemein.
soviel bzw. sowenig für den augenblick - ich wünsche genussreiche zukünfte - allen hier ... sogar dem Text-Ich, wo immer das sich gerade herumtreibt ... und angry tocotronic-man sei natürlich auch eingeschlossen in dieses nachtgebet ...

;)

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 28.12.2009, 17:26

hallo lieber urlauber,

hier also meine angekündigte replik ...

das mit den gründen verstehe ich nun, merci - eine absurde handlung oder ein absurdes leben als ganzes ist somit durchaus wohlbegründet, aber eben nicht "sinnvoll". so zumindest interpretiere ich das. der sinn muss sich dann von dem grund unterscheiden, oder irre ich mich? ich könnte ja auch sagen, dass schon der grund, die ursache, die triebfeder, eventuell gar das "weltgesetz" oder die "weltformel", das "weltiterationsmuster", whatever ... seinerseits sinn enthält. er ist erklärung und begründung, wiewohl er nicht über sich selbst hinaus verweisen kann.
zwei autos stoßen zusammen - man kann immer eine begründung finden, zuunterst auf der physikalischen ebene. das hilft den angehörigen der verunfallten freilich wenig, sie fragen sich womöglich nach dem "sinn", halten den unfall für absurd ... justamente fällt mir ein, dass auch camus in einem eigentlich sinnlos oder absurd erscheinenden unfall zu tode kam - ich glaube, die bremsen des wagens versagten. es gibt genug gründe für den unfall, aber der mensch sucht noch einen höheren sinn.
folglich interpretiere ich, dass camus meint, wenn gott nicht existiert - und damit meint er wohl eine art "wesen", das vernunftbegabt ist -, gibt es auch keinen höheren sinn dieses unfalls.



"Ich glaube vielmehr, - und hier agiert tatsächlich eher der Glaube als das Wissen in meiner Argumentation - dass nur die wenigsten Menschen das machen, was sie wünschen (und ich weiß schon, dass du mit 'wünschen' hier mehr meinst als das Übliche), dass sich die Menschen eher einer fremden Autorität unterwerfen (womit wir wieder beim Thema 'Versklavung vs. Freiheit' wären). Auch sehr kurz gegriffen von mir, aber ich belasse es erstmal dabei."

man kommt nicht umhin, kurz zu greifen. glücklicherweise kann man sich in einem dialog immer wieder korrigieren, die eigenen ideen konkretisieren, zuspitzen. sind die menschen autoritätshörig?
ich denke: nur bedingt.
es ist spaßig zu beobachten, wie oft menschen sich vor einer tat umblicken, ob jemand sie beobachtet. es sind oft nur winzige taten, das wegwerfen eines kaugummipapiers, das bohren in der nase, etc.. ein ähnliches verhalten beobachtet man schon bei vielen tieren, wiewohl sie natürlich nur selten in der nase bohren können ... folglich weiß der sich umsehende genau, was erlaubt ist und was nicht. er hält die vorschrift nur ein, wenn sie die anderen einfordern, meist genügt hier die präsenz. in neueren experimenten genügt oft schon ein gemaltes augenpaar, das den raum überwacht: das heißt, schon die androhung von überwachungsmaßnahmen genügt, um die individuen einzuschüchtern. sie wollen nicht ertappt werden.
ich bin mir sicher, wären absolute verbrechen möglich, kämen sie häufiger vor ...
nun habe ich bei den drei punkten nicht erwähnt, dass man eine untat unterdrückt, wenn es zeugen geben könnte, die das fehlverhalten wahrnehmen und weiterkommunizieren - aber das hielt ich für selbstverständlich.


"Das ist meines Erachtens auf jeden Fall richtig. Hier bist du dann auch wieder nahe an Hoelle.. ähm, also an diesem einen Autor, dem ollen Informatiker ;-) , auch wenn der bei seiner Logik der Natürlichkeit die menschlichen Bedürfnisse dann doch wieder berücksichtigt, allerdings als Parameter."

wie macht er das denn? was für einen parameter beschreibt er? das würde mich nun doch interessieren ;)



frohe weihnachten nach- und frohes neues jahr vorträglich
wuenschet
der t.

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon hginsomnia » 30.12.2009, 14:41

Hallo,

auch von mir noch ein kurzer Kommentar zwischen den Jahren :-) .


Glaukos hat geschrieben:folglich interpretiere ich, dass camus meint, wenn gott nicht existiert - und damit meint er wohl eine art "wesen", das vernunftbegabt ist -, gibt es auch keinen höheren sinn dieses unfalls.


Ja, so verstehe ich Camus ebenfalls.

Glaukos hat geschrieben:nun habe ich bei den drei punkten nicht erwähnt, dass man eine untat unterdrückt, wenn es zeugen geben könnte, die das fehlverhalten wahrnehmen und weiterkommunizieren - aber das hielt ich für selbstverständlich.


Das ist auch selbstverständlich. Ich wollte etwas anderes beschreiben - wie gesagt: zu kurz gegriffen.

Glaukos hat geschrieben:es ist spaßig zu beobachten, wie oft menschen sich vor einer tat umblicken, ob jemand sie beobachtet. es sind oft nur winzige taten, das wegwerfen eines kaugummipapiers, das bohren in der nase, etc.. ein ähnliches verhalten beobachtet man schon bei vielen tieren, wiewohl sie natürlich nur selten in der nase bohren können ... folglich weiß der sich umsehende genau, was erlaubt ist und was nicht. er hält die vorschrift nur ein, wenn sie die anderen einfordern, meist genügt hier die präsenz. in neueren experimenten genügt oft schon ein gemaltes augenpaar, das den raum überwacht: das heißt, schon die androhung von überwachungsmaßnahmen genügt, um die individuen einzuschüchtern. sie wollen nicht ertappt werden.


Alles, was du hier ausführst, sehe ich auch so, nur ging es mir nicht um die Autorität, die sich mit Drohgebärden präsentiert. Vielmehr glaube ich, - da ist er wieder, der Glaube - dass der Wunsch nach Bequemlichkeit ausgeprägter ist als der Wunsch nach Wunsch, und damit automatisch eine freiwillige Unterwerfung unter eine Autorität (,die ich hier als Zusammenschluss mehrerer Autoritäten verstehe,) stattfindet. Letztlich sehe ich in vielen Wünschen die personalisierte Autorität, die aus der gegebenen Autorität entsprungen ist. Bleibt natürlich abzuwägen, was eigentlich unter Wunsch zu verstehen ist - na ja, ein weites Feld!

Glaukos hat geschrieben:wie macht er das denn? was für einen parameter beschreibt er? das würde mich nun doch interessieren


Na okay, hell back entwickelt kein schlüssiges mathematisch-philosophisches System, um das vorab nur gesagt zu haben. Er behauptet letztlich nur, bleibt literarisch. Ich versuche mal, seine Thesen in 3 Punkten zusammenzufassen:

1.) Das natürlichste System ist immer das Brutalste und mit natürlichstem System ist immer das mathematischste gemeint. Der Kapitalismus ist eine mathematische Annäherung an dieses System.

2.) Die beiden klassischen Parameter (er beschreibt zwei!), die die Menschheit in sich trägt sind der Fortpflanzungstrieb und der Überlebenstrieb, wobei letzterer dem ersten untergeordnet ist. Im Jetzt äußern sich beide Triebe in dem Willen zur Macht (ich würde eher 'Fülle' sagen). Es gibt Menschen, die haben sowohl wirtschaftliche als auch sexuelle Macht, dann gibt es Menschen, auf die trifft nur eins zu, dann wieder welche, für die gilt keines. Dabei ist wirtschaftliche Macht (jedenfalls bei Männern) häufig auch ein Zugpferd für die sexuelle Macht, aber jede auf wirtschafltiche Macht gegründete sexuelle Macht ist sich ihrer Uneigentlichkeit bewusst.

3.) Die Informatik ist derzeit das beste Hilfsmittel zur Umsetzung des natürlichsten Systems und Determination der Menschheit auf nur noch zwei Klassen (Mächtige und Nicht-Mächtige).

Zum dritten Punkt (eigentlich damit zu allen Punkten) gibt es hier ja auch einen Thread im Epilog (Gene Meme ...). Vielleicht schreibe ich dazu mal was, aber nicht mehr dieses Jahr, denn, puuh, das würde mich sehr forden :-) .

Mit nach-weihnachtlichen Grüßen und frohes Feiern wünschend

hginsomnia

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 30.12.2009, 21:27

hallo hg,

schön, deine spezifizierungen zu lesen.
ich habe auch noch die eine oder andere anmerkung:

"alles, was du hier ausführst, sehe ich auch so, nur ging es mir nicht um die Autorität, die sich mit Drohgebärden präsentiert. Vielmehr glaube ich, - da ist er wieder, der Glaube - dass der Wunsch nach Bequemlichkeit ausgeprägter ist als der Wunsch nach Wunsch, und damit automatisch eine freiwillige Unterwerfung unter eine Autorität (,die ich hier als Zusammenschluss mehrerer Autoritäten verstehe,) stattfindet. Letztlich sehe ich in vielen Wünschen die personalisierte Autorität, die aus der gegebenen Autorität entsprungen ist. Bleibt natürlich abzuwägen, was eigentlich unter Wunsch zu verstehen ist - na ja, ein weites Feld!"

mir ist nicht 100pro klar, was ein wunsch nach wunsch und einen wunsch nach bequemlichkeit unterscheidet.
denn bequemlichkeit ist auch eine art wunsch?!
ich selbst könnte noch eine sonderklasse von fällen anbieten, die allerdings nichts mit bequemlichkeit zu tun hat: die (unbewusste) angepasstheit. damit meine ich ein verhalten, das nicht nur uns als schlüssig erscheint, sondern vielen anderen menschen auch - ohne dass überhaupt eine autorität oder eine moral dieses verhalten erzwingen, beeinflussen muss. liegen z.b. 5 konkrete parameter vor, entscheiden sich in einer vergleichbaren situation die meisten menschen für das verhalten a.
moral kann ja nicht alle möglichkeiten vorausahnen. ich denke, dass wir sogar sehr viele entscheidungen aufgrund von interner logik treffen. denkbar, dass zumindest die einzelparameter moralisch präkonnotiert sind, aber wir summieren alle eigenständig zusammen und entscheiden uns erst dann. wie wir die parameter gewichten, ist individuell ...

anstelle einer bequemlichkeit hätte man dann eine art "schlüssigkeit".
(z.b.: stürzt ein mensch, hilft man ihm auf. es sei denn, er ist ohnmächtig oder hat starke schmerzen. in einer konkreten situation summieren - oder multiplizieren? - wir viele parameter und timen ein verhalten darauf ab.)
mit gehorsam hat also ein schlüssiges verhalten wenig zu tun.



"Es gibt Menschen, die haben sowohl wirtschaftliche als auch sexuelle Macht, dann gibt es Menschen, auf die trifft nur eins zu, dann wieder welche, für die gilt keines. Dabei ist wirtschaftliche Macht (jedenfalls bei Männern) häufig auch ein Zugpferd für die sexuelle Macht, aber jede auf wirtschafltiche Macht gegründete sexuelle Macht ist sich ihrer Uneigentlichkeit bewusst."

ja, das ist schlüssig, aber auch ein wenig arg allgemein. ich weiß, dass es eine grobe zusammenfassung ist. ich wollte dem hinzufügen, dass man auch mindestens eine dritte macht erwähnen sollte: die macht des verstands. verstand führt oft zu wirtschaftlicher macht, aber nicht immer. worauf will ich hinaus? man kann auch wie m. gandhi ein eigentlich bescheidenes leben führen an einer exponierten position (ich glaube, er hatte nie ein "amt", aber war doch ein politiker).

und dann fiele mir noch ein, dass ich die macht haben kann, etwas zu realisieren, was gerade möglich ist - dann bin ich ein opportunist der bestehenden möglichkeiten. so kann ich wie g. schröder nach oben kommen, und oben bleiben, um ... warum eigentlich? um oben zu sein. der mann wollte ins kanzleramt, weil er reinwollte. das war alles.
und es war auch einfacher so. merkel ist ähnlich: keine inhalte, nur machtinstinkt. dabei sind beide keine typischen machtmenschen. sie haben die macht dort aufgesammelt, wo sie gerade herumlag.
kerle wie hitler oder napoleon waren vom anderen typus machtcharakter: sie hatten visionen, waren abenteurer, wollten das unmögliche und haben es zeitweise sogar geschafft, ihren willen wirklichkeit werden zu lassen. und das ist viel schwieriger: man will selbst befriedigung der (kaum möglichen) wünsche erhalten und dennoch macht ausüben. die meisten mächtigen sind m.e. nicht mehr als marionetten bzw. agenten der justament herrschenden machtstruktur. letztere beispiele haben die machtstrukturen als ganzes ziemlich umgearbeitet, nach ihren eigenen wünschen gestaltet.

für mich persönlich ist im leben wichtig:
geld ist schön, es beruhigt,
mädels sind schön (aber beunruhigen ;),
am schönsten aber ist zeit, die ich selbst mit inhalten füllen kann.

wenn ich an die alphaaffen denke, die in ihrer horde sitzen und von den unter-affen permanent angestarrt werden (kleine affenmädchen fallen beim ansehen des oberaffen oft in eine art trance, die an menschen erinnert, wenn ihr heiliger st. michaeljackson auf die bühne kommt ...) - dann haben die zwar immer das gefühl von wichtigkeit, aber sie sind auch zugleich transparent und ihrerseits kontrolliert.

also, ich unterscheide in macht-über-andere und macht-über-sich-selbst, macht zur gestaltung der eigenen zeit.



frage: was ist UNEIGENTLICHKEIT genau?


"Die Informatik ist derzeit das beste Hilfsmittel zur Umsetzung des natürlichsten Systems und Determination der Menschheit auf nur noch zwei Klassen (Mächtige und Nicht-Mächtige)."

das verstehe ich nicht.
ich glaube, dass die menschheit immer fein gestaffelt sein wird. wobei man unterscheiden müsste in verschiedene machtaspekte.
wie wollte man eine welt der tennisspieler in zwei klassen unterteilen? mann und frau als unterscheidung wäre einfach, aber das ist nur "symbolisch". wenn man die leistung bewerten will, gibt es doch recht klare kritierien.
noch besser, weil messbarer: der 100-meter-lauf.

aber selbst ein kunstwerk ist bewertbar. und wenn man es nicht künstlerisch bewertet, dann eben durch seinen preis: der ist auch gestaffelt und nicht entweder 1mio oder 1 euro.



ja, der gene-thread ist ganz schön umfassend. wenn ich aber sagen sollte, was wir darin abgehandelt haben, weiß ich kaum mehr etwas. ich habe nur ein gefühl: richtig schön verknäulte gedankenwülste, hier und da glitzernde utopienfäden ... ein heiteres kuddelmuddel.
du bist natürlich herzlich eingeladen, dein brainales schmackes dort hineinzugeben ;)


happneyea!
tolya

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon hginsomnia » 02.01.2010, 13:17

Hallo und ein schönes neues Jahr :-) ,

welches ich im Forum mal so beginnen möchte:

Glaukos hat geschrieben:mir ist nicht 100pro klar, was ein wunsch nach wunsch und einen wunsch nach bequemlichkeit unterscheidet.
denn bequemlichkeit ist auch eine art wunsch?!


Mein Tipp an dich: Bequemlichkeit streichen :-D - ja, selten dämlicher Begriff, der überhaupt nicht fasst, was ich eigentlich beschreiben wollte.

Glaukos hat geschrieben:ich selbst könnte noch eine sonderklasse von fällen anbieten, die allerdings nichts mit bequemlichkeit zu tun hat: die (unbewusste) angepasstheit. damit meine ich ein verhalten, das nicht nur uns als schlüssig erscheint, sondern vielen anderen menschen auch - ohne dass überhaupt eine autorität oder eine moral dieses verhalten erzwingen, beeinflussen muss. liegen z.b. 5 konkrete parameter vor, entscheiden sich in einer vergleichbaren situation die meisten menschen für das verhalten a.


Hier hast du meine Zustimmung, allerdings:

Glaukos hat geschrieben:moral kann ja nicht alle möglichkeiten vorausahnen. ich denke, dass wir sogar sehr viele entscheidungen aufgrund von interner logik treffen. denkbar, dass zumindest die einzelparameter moralisch präkonnotiert sind, aber wir summieren alle eigenständig zusammen und entscheiden uns erst dann. wie wir die parameter gewichten, ist individuell ...

anstelle einer bequemlichkeit hätte man dann eine art "schlüssigkeit".
(z.b.: stürzt ein mensch, hilft man ihm auf. es sei denn, er ist ohnmächtig oder hat starke schmerzen. in einer konkreten situation summieren - oder multiplizieren? - wir viele parameter und timen ein verhalten darauf ab.)
mit gehorsam hat also ein schlüssiges verhalten wenig zu tun.


Vielleicht haben wir unterschiedliche Vorstellungen vom Begriff 'Autorität'. Bei mir hat der mit Moral erstmal überhaupt nichts zu tun. Bei der internen Logik stimme ich dir zu (da gibt es einen riesigen Korpus an Beispielen: Hunger- Essen u.s.w.). Die Individualität bei der Gewichtung der Parameter kann ich allerdings nicht so sehen, also natürlich gewichtet Individuum A die Parameter anders als Individuum B, aber gemessen an einer Schar von Individuen bei einer vergleichsweise geringen Auswahl geht der Individualismus gegen Null. Das meinte ich aber auch nicht, als ich von Autorität sprach ...
Ebensowenig den Gehorsam, also das auch als solches empfundene Pflichtbewusstsein, also die Pflicht, damit der gefühlte Zwang, ein außen stehendes ... hm, ich nenn's mal Phänomen zu befriedigen.
Vielmehr wirken (psychologisch betrachtet) die Gedanken einer Autorität im manipulierten (eigentlich gefällt mir dieser Begriff nicht, weil er schon so wertend ist, aber mir fällt kein anderer ein) Subjekt weiter. Das ist vielfach zu erleben. Das jüngste populäre Beispiel liefert wohl die (sowohl ökonomisch als auch ökologisch katastrophale) Umweltprämie, die zurecht nicht als solche, sondern als Abwrackprämie bekannt ist.


Glaukos hat geschrieben:ja, das ist schlüssig, aber auch ein wenig arg allgemein. ich weiß, dass es eine grobe zusammenfassung ist. ich wollte dem hinzufügen, dass man auch mindestens eine dritte macht erwähnen sollte: die macht des verstands. verstand führt oft zu wirtschaftlicher macht, aber nicht immer. worauf will ich hinaus? man kann auch wie m. gandhi ein eigentlich bescheidenes leben führen an einer exponierten position (ich glaube, er hatte nie ein "amt", aber war doch ein politiker).


Ich stimme dir zu. Well beck's Thesen geben ja auch nicht meine Meinung wieder. Ich wollte hier nur aufzeigen, was er dazu sagt. Er reduziert halt auf Sex und Geld. Ich persönlich empfinde schon den Begriff 'Macht' als schwierig. Mir würde wie erwähnt 'Fülle' besser gefallen, obgleich er schon im Substantivkompositum 'Machtfülle' seine Erfüllung gefunden hat ;-) .

Glaukos hat geschrieben:frage: was ist UNEIGENTLICHKEIT genau?


Hmm, jemand entspricht nicht dem Schönheitsideal (auch nicht ein bisschen), hat daher keine naturgegebene sexuelle Macht, sondern realisiert diese durch wirtschaftliche Macht.

Glaukos hat geschrieben:und dann fiele mir noch ein, dass ich die macht haben kann, etwas zu realisieren, was gerade möglich ist - dann bin ich ein opportunist der bestehenden möglichkeiten. so kann ich wie g. schröder nach oben kommen, und oben bleiben, um ... warum eigentlich? um oben zu sein. der mann wollte ins kanzleramt, weil er reinwollte. das war alles.
und es war auch einfacher so. merkel ist ähnlich: keine inhalte, nur machtinstinkt. dabei sind beide keine typischen machtmenschen. sie haben die macht dort aufgesammelt, wo sie gerade herumlag.
kerle wie hitler oder napoleon waren vom anderen typus machtcharakter: sie hatten visionen, waren abenteurer, wollten das unmögliche und haben es zeitweise sogar geschafft, ihren willen wirklichkeit werden zu lassen. und das ist viel schwieriger: man will selbst befriedigung der (kaum möglichen) wünsche erhalten und dennoch macht ausüben. die meisten mächtigen sind m.e. nicht mehr als marionetten bzw. agenten der justament herrschenden machtstruktur. letztere beispiele haben die machtstrukturen als ganzes ziemlich umgearbeitet, nach ihren eigenen wünschen gestaltet.


Dass Schröder kein typischer Machtmensch war, kann ich nicht so nachvollziehen. Immerhin hat er es geschafft, den gesamten linken Flügel der SPD zu stutzen (siehe z.B. Lafontaines früher Rücktritt), alle Macht auf sich zu konzentrieren, seine Partei wirklich zu seinem Possessivum zu machen. Auch die medialen Auftritte, diese One-Man-Show, der launische Antrag zur Neuwahl, die noch launischere 'Debatte' in der trunkenen Nacht der Niederlage gegen Angela Merkel, die aber gleichzeitig nicht gewonnen hatte, das alles spricht doch zumindest für einen sehr ausgeprägten Machtinstinkt. Vergessen wir auch nicht, dass mit Schröder und, das ist ja gerade das Besondere, unter rot-grüner Regierung die umfassendste Sozialreform seit Bestehen der BRD durchgesetzt wurde.

Angela Merkel ist schon eher die, der die Macht zugeflogen ist, zum einen, weil sie die Skandalfreie im Skandal um Kohl war, zum anderen, weil sie tatsächlich soetwas wie Beliebtheit in der Bevölkerung für sich beanspruchen kann, daher in die Macht geschubst wurde, um es mal lapidar zu bezeichnen.

Klar, Hitler und Napoleon waren auf ganz anderer Ebene Machtmenschen. Jedoch ist der, der sich der herrschenden Machtstruktur bedient, nicht automatisch deren Marionette.

Zurück zur Informatik:

Glaukos hat geschrieben:das verstehe ich nicht.
ich glaube, dass die menschheit immer fein gestaffelt sein wird. wobei man unterscheiden müsste in verschiedene machtaspekte.
wie wollte man eine welt der tennisspieler in zwei klassen unterteilen? mann und frau als unterscheidung wäre einfach, aber das ist nur "symbolisch". wenn man die leistung bewerten will, gibt es doch recht klare kritierien.
noch besser, weil messbarer: der 100-meter-lauf.

aber selbst ein kunstwerk ist bewertbar. und wenn man es nicht künstlerisch bewertet, dann eben durch seinen preis: der ist auch gestaffelt und nicht entweder 1mio oder 1 euro.


Noch mal: Nicht unbedingt meine Meinung (außerdem reicht mein Wissen über Informatik nicht aus, um mir dazu ein Urteil zu bilden), aber helle beck sagt, dass sich jeder Aspekt in Macht aufspalten lässt, also für den 100-Meter-Lauf hat der Schnellere mehr Macht als der Langsamere, daraus folgt die Dichotomie Mächtig und Nicht-Mächtig für diese Beiden (bei mehreren gibt es dann eben mehrere Dichotomien, eine Skala, aber keine Staffelung.) Bei dem Kunstwerk gibt es natürlich auch mehr als 1 Million oder 1 Euro, aber es wird gesagt, dass eben das eine Kunstwerk mächtiger ist als das andere, beziehungsweise eigentlich auch nicht, es wird vom Käufer ausgegangen. Kunst hat nach wheelback keinen Wert.

lg
hginsomnia

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 02.01.2010, 14:30

hallo mit schnee!

ich antworte gleich, weil die gedanken noch frisch sind ;)

Moral und Autorität sind auch bei mir nicht "eins".
Eine anwesende Autorität verkörpert immer auch ihre eigene Moral. Der sich umsehende Mensch schaut ja auch, WER ihn umgibt und timt sein Verhalten darauf ab. Das wäre dann ein "lokal-moralisches Verhalten".
Eine abstrakte, nicht anwesende Autorität beeinflusst auch das Verhalten, aber wohl eher nach dem Schema: wenn X erfährt, dass ich Y gemacht habe, dann erleide ich vermutlich negative Sanktionen.

Individualismus: auch da hast du Recht, an sich geht der Individualismus gegen Null, wenn man eine große Zahl an Menschen heranzieht. Das erinnert mich an den Spruch meines Vaters zu Weihnachten, "alles sei schon einmal gedacht worden." Das stimmt zwar nicht absolut, aber doch zu 99,9 Prozent. Hin und wieder gibts doch was Neues ...


"Vielmehr wirken (psychologisch betrachtet) die Gedanken einer Autorität im manipulierten (eigentlich gefällt mir dieser Begriff nicht, weil er schon so wertend ist, aber mir fällt kein anderer ein) Subjekt weiter. Das ist vielfach zu erleben. Das jüngste populäre Beispiel liefert wohl die (sowohl ökonomisch als auch ökologisch katastrophale) Umweltprämie, die zurecht nicht als solche, sondern als Abwrackprämie bekannt ist."

Hier verstehe ich nicht ganz die Verbindung zur Abwrackprämie. Die Leute wurden manipuliert, das mag stimmen, nur ökonomisch kann ich kein Desaster erkennen; der Staat hat bestimmt keine Verluste gemacht (so blöd ist nichtmal der) und der Bürger, nunja, hat sich nun womöglich einen Neuwagen aufschwatzen lassen, den er sonst nicht gekauft hätte ...
gezwungen hat ihn zumindest keiner, sobesehen ists keine böse Manipulation.
(ökologisch gebe ich dir recht)



"Well beck's Thesen geben ja auch nicht meine Meinung wieder."

Das war mir zu jeder Sekunde bewusst ;)



"Dass Schröder kein typischer Machtmensch war, kann ich nicht so nachvollziehen. Immerhin hat er es geschafft, den gesamten linken Flügel der SPD zu stutzen (siehe z.B. Lafontaines früher Rücktritt), alle Macht auf sich zu konzentrieren, seine Partei wirklich zu seinem Possessivum zu machen. Auch die medialen Auftritte, diese One-Man-Show, der launische Antrag zur Neuwahl, die noch launischere 'Debatte' in der trunkenen Nacht der Niederlage gegen Angela Merkel, die aber gleichzeitig nicht gewonnen hatte, das alles spricht doch zumindest für einen sehr ausgeprägten Machtinstinkt. Vergessen wir auch nicht, dass mit Schröder und, das ist ja gerade das Besondere, unter rot-grüner Regierung die umfassendste Sozialreform seit Bestehen der BRD durchgesetzt wurde."

Ich denke, dass Schröder nicht angetreten ist, um eine Sozialreform durchzuführen oder sich als heroischer Anti-Kriegs-Held zu gerieren. Er hatte kein Konzept, das einzige Konzept war: Ich will Kanzler werden. Die Inhalte - nebensächlich.
Das verbindet ihn m.E. mit Merkel. Sie moderiert. Selbständig denken ist entweder nicht ihre Sache, oder sie ist nicht darauf angewiesen. Nur ein paar Journalisten oder Intellektuelle vermissen das. Dem Volk ist das gleich.


"Jedoch ist der, der sich der herrschenden Machtstruktur bedient, nicht automatisch deren Marionette."

Ich drehe es mal um: der, der sich der herrschenden Machtstruktur anpasst, um selbst Macht ausüben zu können, ist ihre Marionette. (wiewohl diese Machtstruktur nicht personalisiert werden muss ;)
Er ist ein Opportunist, er richtet sich immer genau aus an dem, was die "Mitte" will.

Manche sagen, Schröder habe Reformen gegen den Willen des Volks durchgeführt, aber ich habe einen anderen Eindruck. Es waren Reformen gegen viele Linke, nicht aber gegen die Rechten. Auch das ist Strategie: als SPDler die Rechten integrieren wollen, so wie Merkel ziemlich weit nach links gerückt ist.
Schröders Reformen wurde von der Mehrheit der Deutschen akzeptiert.



Interessante Figuren: Z. B. eine Frau Pauli. Die war eher vom Typus Idealist, die ist unerbittlich ihren eigenen Weg gegangen. Und an sich hatte sie gar keine Chance gegen Stoiber. Dass sie ihn trotzdem abgesägt hat, lag daran, dass sie erspürt hat, dass auch (ungeachtet der offiziellen Statements) die gesamte Partei des Herrn Stoiber überdrüssig war. "Der Kaiser hat keine Kleider an", so kam mir die Frau vor.
Mitunter funktionieren also auch heute noch radikale Positionen - aber nur, weil sie gar nicht so radikal sind, wie sie nach außen hin scheinen.


Nun sind wir also bei der Politik angekommen.
Die Wege des Dialogs sind unergründlich, oder? ;)

lg
tolya

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon hginsomnia » 03.01.2010, 00:22

Glaukos hat geschrieben:Nun sind wir also bei der Politik angekommen.
Die Wege des Dialogs sind unergründlich, oder? ;)



:-))

Glaukos hat geschrieben:hier verstehe ich nicht ganz die Verbindung zur Abwrackprämie. Die Leute wurden manipuliert, das mag stimmen, nur ökonomisch kann ich kein Desaster erkennen; der Staat hat bestimmt keine Verluste gemacht (so blöd ist nichtmal der) und der Bürger, nunja, hat sich nun womöglich einen Neuwagen aufschwatzen lassen, den er sonst nicht gekauft hätte ...
gezwungen hat ihn zumindest keiner, sobesehen ists keine böse Manipulation.


Jep, deswegen gefiel mir auch Manipulation nicht so, wegen der Wertung. Die Abwrackprämie sehe ich nur als ein Beispiel, bei dem ich, na gut, ich sag's mal weniger dramatisch, die ökonomische Fehlsteuerung weder beim Staat (die nehmen's ja gleich wieder durch die Mehrwertsteuer ein), noch beim Bürger (ich geb' dir Recht: der lässt sich halt was aufschwatzen, aber das Geld muss er schon haben) sehe, sondern bei der notwendigerweise durch die Subvention von Automobilindustrie und Bankgewerbe evozierte Wettbewerbsverzerrung (das Geld des Bürgers fehlt dann halt an anderer Stelle), der Kurzsichtigkeit (der Einbruch kommt dann halt dieses Jahr) und der Fehlleitung (man konnte juristisch nicht durchsetzen, dass die Abwrackprämie ausschließlich beim Erwerb eines Neuwagens deutschen Fabrikats ausgzahlt wird, was zur Folge hatte, dass vor allem ausländische Unternehmen profitierten).

Das ist wie gesagt nur ein Beispiel. Ich versuche, es mal von mir ausgehend zu verdeutlichen:

Ich versuche, einer Menge von Manipulationen auszuweichen bzw. ihr standzuhalten.
Gleichzeitig gibt es Manipulationen, die ich gerne auf mich wirken lasse.
Dann gibt es welche, die kenne ich gar nicht.
Und es gibt solche, die ich kenne, denen ich mich vielleicht sogar gerne entziehen würde, dieses aber nicht kann (darunter fallen bei mir vor allem ästhetische Wahrnehmungen).
Was ich damit sagen will: Meine Wünsche sind vielfach präkonnotiert durch das Fremde. Wenn ich das tun würde, was ich wünsche (also häufig oder immer), dann würde ich nur das Verwirklichen, was ein Anderer sich erdacht hat. Das meinte ich mit Bequemlichkeit (bitte sofort wieder streichen! ;-) ). Der eigene, also wirklich eigene Wunsch erfordert meines Erachtens derart viel Kraft, dass er nicht in einer Dreipunktformel für menschliches Verhalten formuliert werden kann.

Glaukos hat geschrieben:Manche sagen, Schröder habe Reformen gegen den Willen des Volks durchgeführt, aber ich habe einen anderen Eindruck. Es waren Reformen gegen viele Linke, nicht aber gegen die Rechten. Auch das ist Strategie: als SPDler die Rechten integrieren wollen, so wie Merkel ziemlich weit nach links gerückt ist.
Schröders Reformen wurde von der Mehrheit der Deutschen akzeptiert.



Interessante Figuren: Z. B. eine Frau Pauli. Die war eher vom Typus Idealist, die ist unerbittlich ihren eigenen Weg gegangen. Und an sich hatte sie gar keine Chance gegen Stoiber. Dass sie ihn trotzdem abgesägt hat, lag daran, dass sie erspürt hat, dass auch (ungeachtet der offiziellen Statements) die gesamte Partei des Herrn Stoiber überdrüssig war. "Der Kaiser hat keine Kleider an", so kam mir die Frau vor.
Mitunter funktionieren also auch heute noch radikale Positionen - aber nur, weil sie gar nicht so radikal sind, wie sie nach außen hin scheinen.


Ich kann und will dir hier gar nicht widersprechen. Ich weiß es halt nicht besser :-)) .
Ja, das kann so sein, dass Schröders Reformen von der Mehrheit der Deutschen akzeptiert worden sind, das ist sogar wahrscheinlich, weil die Mehrheit der Deutschen (trotz der hohen Arbeitslosigkeit) eben nicht Harzt-4-Empfänger sind bzw. ein recht negativ konnotiertes Bild von der Unterschicht haben. Dennoch meine ich - und das ist reine Subjektivität - in Schröders Verhalten (gerade diese unsägliche Neuwahl, also das sich Stellen gegen die Gesetzmäßigkeiten) eher den Machtmenschen auszumachen als in dem Merkels.
Frau Pauli ... joah, hab' ich jetzt nicht soviel von mitgekriegt - ich glaube dir einfach mal :-) .

lg
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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 03.01.2010, 15:30

stimmt,
die abwrackprämie hat geld in einen sektor gepumpt, der ohnehin ... gesundschrumpfen muss.
aber so scheint es heute zu laufen: nicht nur alte menschen werden (an herzlungenmaschinen etc.) todgepflegt, was oft eher qual ist als freude - auch kaputte unternehmen werden vom staat todgestreichelt.


"Der eigene, also wirklich eigene Wunsch erfordert meines Erachtens derart viel Kraft, dass er nicht in einer Dreipunktformel für menschliches Verhalten formuliert werden kann."

eingehender betrachtet ist es vermutlich sogar unmöglich, einen "eigenen" wunsch zu haben und zu entfalten.
ich meine das wirklich eigene, nicht nur das individuelle.
aber wenn man das so formuliert, fühlen sich viele menschen abgestoßen: sie lieben das gefühl, selbst etwas bewegen zu können.
ich fand goethe schon immer cool, der (sinngemäß) schrieb: du glaubst zu schieben, aber wirst geschoben.


merkel/schröder:
jawohl, schröder mag seinen machtanspruch erkennbarer artikuliert haben als merkel es heute tut.
aber merkel ist auch nicht ohne. wie sie nach der wahl den ihr wenig genehmen herrn guttenberg auf das ministerium manövrierte, in dem eine bombe schlummerte: nicht schlecht.
wiewohl das für den baron auch eine chance sein kann; ich bin mir ziemlich sicher, er überlebt das politisch ... so schnell wird sie den politdandy nicht los ;)

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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon hginsomnia » 04.01.2010, 16:29

Hallo,

schade, wir haben den Konsens gefunden :-D .

Ich stimme deinem letzten Kommentar ausnahmslos zu und in eine ganz tiefgreifende politische Diskussion lasse ich mich besser nicht verwickeln - reiner Selbstschutz ;-) .

Also, mir fällt gerade nicht mehr dazu ein, aber ich lasse es dich wissen, wenn das anders sein wird (meine Meinung hat eine gewisse Varianz :-)) ).

lg
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Re: ... ein Auszug aus meinem Roman

Beitragvon Glaukos » 04.01.2010, 18:16

ja, richtig.

eine rarität.
denn konsens ist selten.

(und vielleicht auch schrecklich, wie z.b. das "glück". man verfällt allzu schnell in eine starre, wenn man dort anlangt; oder - beim konsens - in schweigen. nur nicht bewegen, dass das perfekte nicht kaputt geht. doch nichtmal das nichtbewegen hilft. das leben selbst schein variant ... und das in alle erdenklichen lebensrichtungen ;)

hamletisch schließend:

DER REST IST ...


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