Es war spät nachts und ich war auf dem Weg nach Hause. In einer dunklen Ecke eines Hausflurs, hatte ich sie gesehen. Sie wirkte jungfräulich, noch niemand hatte sie gebraucht. Ich ging ein paar Schritte weiter, dann blieb ich stehen, blickte verstohlen um mich. Keiner war zu dieser Stunde unterwegs, die Straße menschenleer. Ich ging zurück. Obwohl es mein fester Wille gewesen war, so etwas nie wieder zu tun, ging es doch ganz schnell und niemand hatte es gesehen.
Zu Hause legte ich sie im Vorraum ab, ging in das Zimmer und zog die Vorhänge zu. Niemand, von Gegenüber, sollte mich dabei beobachten. Niemand sollte mein Vorhaben stören, ich wollte sie für mich ganz alleine haben. Am Tisch war noch Geschirr von Mittag. Ich war zu faul gewesen, es in die Küche zu bringen. Mit meinem Arm schob ich es beiseite um Platz zu machen, hier auf dem Tisch wollte ich sie legen. Ich holte sie aus dem Vorraum, trug sie ganz vorsichtig, um nicht zu stürzen. Sie war zu wertvoll und zerbrechlich, um das zu riskieren. Dann platzierte ich sie auf dem Tisch, rückte sie zurecht, um ihren Anblick in vollen Zügen genießen zu können. Ich bebte vor Erregung, doch nein, ich wollte diesen Moment auskosten. Sollte ich hier am Tisch, oder doch besser im Schlafzimmer, im Bett? Gierig starrte ich sie an, verschlang sie mit meinen Augen. Ihre schlanke Form, die Hülle, unschuldiges Weiß. Meine Hand begann zu zucken, wollte schon hastig nach ihr greifen!
Sie hatte auch einmal gelebt, wurde vom Wind gestreichelt, von der Sonne geküsst und nun war sie mein. Plötzlich wurde mir der Frevel bewusst, den ich zu begehen bereit war! Ich sah das Messer auf dem Teller, schon wollte ich sie in Stücke schneiden, um zu verhindern, dass ich mich ihrer bemächtigen würde!
Langsam glitt meine Hand zu ihr und ich begann sie, mit meinen Fingerkuppen, vorsichtig zu liebkosen. Nur nicht zu hastig, um den Augenblick zu zerstören! Schließlich konnte ich mich nicht mehr halten. Mein Herz schlug zum zerbersten, pumpte Blut tosend durch meine Adern. Zärtlich berührte ich sie mit meinen Lippen, ertastete sie mit meiner Zunge, sog ihren Geruch ein, der wohlig, bis in die entlegenste Faser meines Körpers drang. Jetzt gab es kein Halten mehr. In wilder Ektase begann ich an ihr zu saugen, schloss meine Augen, sie glühte!
Nach einigen Minuten war alles vorbei. Erschöpft sank ich zitternd auf einen Stuhl, warf meinen Kopf zurück und starrte an die Decke. Langsam entspannte ich mich wieder. Ich hatte es getan, wusste, es war falsch gewesen. Schuldgefühle begannen mich zu plagen. Ich blickte auf das, was von ihr geblieben war. Ihre Schönheit war verschwunden, ich hatte sie zerstört. Langsam erhob ich mich und schlürfte mit gesenktem Haupt ins Schlafzimmer. Frustriert ließ ich mich ins Bett fallen, starrte an die Decke und hätte am liebsten in die Dunkelheit geschrien „Herrgott im Himmel! Warum hast du das zugelassen, warum stehst du mir nicht bei?! Warum hilfst du mir nicht, mich von dieser Last zu befreien?!“ Ich wusste, dieses Verlangen könnte irgendwann meinen Tod bedeuten. Niemanden wollte ich mich anvertrauen, oder um Hilfe bitten, zu groß war Scham und Schuld.
Ich drehte mich zur Seite. Wie oft hatte ich es mir schon vorgenommen, doch diesmal sollte es tatsächlich, die letzte Zigarette gewesen sein…
Verhängnisvolle Begierde
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