Nee, das kann ich wirklich nicht verantworten und gutheißen, was hier geschrieben wird. Also bitte, nein wirklich, das geht nun gar nicht. Also ...
Literatur ist Terror, ist Revolution, ist Protest, ist Provokation, ist Fortschritt, ist Reaktion, ist Aufklärung, ist Verklärung, ist Wahrheit, ist Lüge, ist Leben, ist Kunst, ist ein (Molotow-)Cocktail aus Fiktion und Wirklichkeit. Literatur ist die Dokumention gesellschaftlicher oder individueller Notstände, ist Narrenspiel, ist "gegen den Strich bürsten", ist "gegen den Strom schwimmen", ist Anmaßung. Literatur ist Beschreibung und Wissen. Literatur ist Verleugnung oder Vorgaukeln von Wissen, Verdrängung und Umdeutung von Wirklichkeit, Verzerrung und Übersteigerung von tatsächlich gemachten (oder machbaren) Erlebnissen. Literatur ist ein Gewebe aus Erfahrung und Phantasie ... Literatur ist Kommunikation, ist Ausdruck allen menschlichen Handelns, Redens, Erkennens, Denkens, Wollens, Fühlens und Vorstellens. Literatur ist Tradition und Überlieferung. Literatur ist Beschreibung und Erzählung, Bericht und Legende, Epos und Poesie, aber vor allem ist Literatur Komödie und Tragödie.
Nein, Herr Hilbi, Gedicht sind etwas. Gedichte sind Dornen oder (fragile) Blasengebilde, sind zartfühlend oder donnernde Hammerschläge. Gedichte sind Form. Gedichte sind Sprachbaukästen. Gedichte sind Spiel und Intention. Gedichte sind irrational. Gedichte sind ich-zentriert und extrem subjektiv, aber dennoch bedeutsame, verallgemeinerbare Erfahrungen. Gedichte sind die Destilate - oder die tausendfach wiederholten Trivialitäten - aller menschlicher Eindrücke, Ideen und Vorstellungen. Gute Gedichte sind, soziologisch definiert, abweichendes Verhalten: Devianz von den Normen, Bedingungen und dem Kontext des allgemeinen Sprachgebrauchs und der alltäglichen Verwendung von Sprache. Gedichte sind Dunst und Schemen, sind der Versuch, das Unerhörte, Unsagbare und Unfassbare in Sprache zu fassen, sind Schall und Rauch. Gedichte sind vergänglich (das Gros aller Gedichte wird geschrieben, um zu vergehen und nur eins von zehntausend Gedichten wird gedruckt und tradiert, Tendenz fallend und mit dem Internet ist die Halbwertzeit nochmals verringert worden). Gedichte sind Ewigkeit gewordene Augenblicke (wobei der Begriff der Wahrheit für ein Gedicht keine Geltung haben kann, denn, was ich heute als wahr und richtig erkannt habe, kann mir morgen schon wieder furchtbar töricht und einfältig vorkommen). Gedichte sind Rufe aus der Vergangenheit, Rufe in die Zukunft. Gedichte sind kleine Texte mit (gelegentlich) großer Wirkung.
Ein Forum ist ein virtueller Stammtisch, habe ich manchmal den Eindruck. Dabei kann ein Forum so viel mehr sein: eine Werkstatt, ein Ort der Diskussion und Kontroverse, ein Café, ein Trödelmarkt, ein Zettelkasten, ein Refugium, ein Versteck, ein Kolleg, eine WG-Wohnzimmer (wer wäscht ab?), eine Insel oder ein Exil.
Oder ein Irrenhaus.
:rofl:
Autoren sind Menschen, die viel schreiben und an dieser Tätigkeit den größten Gefallen finden und ihr die meiste Zeit opfern.
Bücher sind Medien für verschiedenste Inhalte (nicht nur für Literatur). Bücher werden gedruckt und gebunden. Bücher kann man kaufen und leihen, sammeln und archivieren, horten und bis unter die Decke stapeln, indezieren und zensieren, schreddern und verbrennen, bewahren und retten, unter der Hand weitergeben, fälschen und kopieren, restaurieren und neu drucken, im Antiquariat oder bei eBay ersteigern. Bücher kann man aufschlagen, nachschlagen, durchblättern, lesen, querlesen, vorlesen, übersetzen, auswendig lernen, diskutieren oder einfach als Dekoration ins Regal stellen.
Mit besten Grüßen,
H. Eiter